Nach dem Sommer

Maggie Stiefvater
aus dem Amerikanischen übersetzt von Sandra Knuffinke und Jessika Komina
Script 5, September 2010
424 Seiten, € 18,90
ab 12 Jahre

Inhalt:

Grace ist als Kind von einem Wolf gebissen worden. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen beobachtet sie seitdem fasziniert ein Wolfsrudel, dass sich in der kalten Jahreszeit vor ihrer Haustür am Waldrand aufhält. Im Frühjahr und Sommer zeigen sich die Tiere nie und so wartet Grace seit sechs Jahren jeden Herbst auf die Rückkehr der Wölfe und auf einen ganz besonderen im Rudel. Als nach einer Wolfsjagd ein angeschossener junger Mann auf ihrer Veranda liegt, der die Augen ihres ganz bestimmten Wolfes besitzt, fühlt sie sich sofort von ihm angezogen. Sam ist ein Werwolf, der sich mit zunehmender Kälte in die Gestalt des Wolfes verwandelt und zum Frühjahr wieder Mensch wird.  Auch er hat die vergangenen Jahre Grace beobachtet, doch bisher haben sich beide nur aus der Entfernung zaghaft genähert. Jetzt, da Sam in Menschengestalt Grace begegnet, verlieben sie sich. Doch Sam spürt, dass es sein letzter Sommer ist. Außerdem muss er sich noch gegen seine Gefährten aus dem Wolfsrudel verteidigen, die ihm sein Glück neiden. Die Zeit ist für die beiden knapp bemessen und während es immer kälter wird, müssen Grace und Sam nicht nur um ihre Liebe kämpfen sondern auch um das Leben von Freunden.

Rezension:

Nachdem die Vampire ihren Biss verloren und alle Tageszeiten durchlebt haben, lag es nahe, dass nun die Werwölfe als Protagonisten entdeckt werden.

Zu diesem Thema gibt es bereits zahlreiche Bücher, mal mehr, mal weniger originell ausgearbeitet. Selten jedoch mit so viel sprachlichem Feinschliff und faszinierend ausgearbeiteten Charakteren wie bei Maggie Stiefvater.

Nur die Eltern bleiben mit ihrem etwas unorthodoxen elterlichen Verhalten ein wenig fragwürdig. Die Sprache ist bilderreich, sensibel und verfällt nur ganz selten in das gefühlsselige Klischee einer verzweifelten, nach der rettenden Verwandlung suchenden Liebenden. Ein Lob für die treffende und feine Übersetzung des Duos Knuffinke und Komina. Die Autorin hat die Geschichte geschickt durch die verschiedenen Erzählperspektiven aus der Sicht von Grace und von Sam aufgebaut und mit der jeweiligen Temperaturangabe über jedem Kapitel einen originellen Spannungspunkt gesetzt. Diesen Spannungsbogen hält sie geschickt von der ersten bis zur letzten Seite. Eine melancholische Stimmung beherrscht die Verbindung der zwei Liebenden, die spüren, dass sie füreinander bestimmt sind aber wissen, dass ihre gemeinsame Zeit nur kurz ist. Sie genießen die gegenseitige Hingabe und kämpfen um den Fortbestand ihrer Beziehung. Die Geschichte schwankt zwischen dem Wechsel von Verliebtheit, Zweifeln, Scheitern und Kämpfen. Auch wenn die Handlung mit der ländlichen Umgebung und  Highschool – Atmosphäre an die Twilight-Bücher erinnert, hebt sie sich aber durch die sprachliche Raffinesse zwischen Poesie und fesselnder Spannung  bemerkbar ab. Dabei ist es nur eine Nebensache, dass die Verwandlung nicht mit dem Mondwechsel sondern mit unterschiedlichen Temperaturen und Jahreszeiten in Zusammenhang steht. Das Ende bleibt offen und man darf gespannt sein, ob der erste Band ebenso fesselnd und fast klischeefrei fortgesetzt wird.

Hier wird ein Traumtyp beschrieben, den man gerne, egal in welchem Alter (wenn es nicht anders geht, auch nur ein halbes Jahr lang), um sich haben möchte: Leidenschaftlich, zärtlich, wild, sensibel, belesen. Hach, aber es bleibt nur beim „Wolfmann“. 😉

Sabine Hoß

Bewertung:

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