Die Kane-Chroniken – Die rote Pyramide (Band 1)

Rick Riordan

Aus dem Englischen von Claudia Max

Carlsen, Januar 2012

608 Seiten, € 18,90

ab 12 Jahre

 

 

Inhalt:

Alle zwei Jahre besucht der Ägyptologe Dr. Julius Kane seine Tochter Sadie in England. Während ihn sein Sohn Carter das ganze Jahr bei seinen Reisen begleitet, lebt Sadie bei den Großeltern mütterlicherseits. Die Mutter der Beiden ist vor einigen Jahren verstorben und die Großeltern behaupten, dass ihr Schwiegersohn schuld am Tode ihrer Tochter sei, was natürlich zu einem sehr angespannten Verhältnis führt. Als es zu Weihnachten wieder einmal für ein Familientreffen soweit ist, lädt Dr. Kane seine Kinder zu einem Besuch am Heiligen Abend ins British Museum ein, wovon die beiden alles andere als erbaut sind. Doch ihr Vater will ihnen nicht irgendein wichtiges Artefakt zeigen sondern das Original des Rosettasteins. Mit Hilfe dieses Steins will Dr. Kane den ägyptischen Gott Osiris beschwören, was ihm allerdings ziemlich misslingt, denn er befreit mit seinem Zauberspruch die fünf höchsten Götter Ägyptens, die aus gutem Grund bisher in einem Bann festgesetzt waren: Osiris, Horus, Isis, Nephtys und Seth. Mitten in diesem Chaos wird der Ägyptologe von einem großen, furchterregenden, glutroten Mann entführt – in einem massiven ägyptischen Sarkophag. Sadie und Carter werden von der Polizei über das Geschehen befragt, aber es glaubt ihnen natürlich niemand auch nur ein Wort. Als sie kurze Zeit später von Onkel Amos, dem Bruder ihres Vaters, abgeholt werden, bringt er sie auf abenteuerliche Weise ins Einundzwanzigste Nomos nach New York, in das Lebenshaus der ägyptischen Götterwelt. Hier lernen Sadie und Carter die Grundlagen der Ägyptologie kennen und starten in das gefährliche und rasante Abenteuer, ihren Vater aus den Fängen der Unsterblichen zu befreien, bei dem sie von Dämonen, Götter und Magiern verfolgt werden.

Rezension:

Dass Rick Riordan auch als Schriftsteller seiner Liebe zu seinem ehemaligen Unterrichtsfach Geschichte treu bleibt, lässt er nicht nur bei seiner erfolgreichen fünfbändigen „Percy Jackson“-Reihe erkennen, die in die griechische Götterwelt führt. Bei der sicher auch auf fünf Bänden ausgelegten „Kane-Chroniken“ (schließlich sind fünf Götter befreit worden, da gehört sich marketinggerecht für jeden befreiten Gott ein eigener Band) steigt er nun in die ägyptische Mythologie ein. Eigentlich lese ich nicht gerne mehrbändige Reihen, aber das Thema der ägyptischen Götterwelt fasziniert mich.

Auch wenn ich die Percy Jackson-Bände nur angelesen habe und daher nicht „en detail“ auf  Gemeinsamkeiten eingehen kann, ist zumindest schon einmal der Zugang in die andere Welt ähnlich aufgebaut: Während der Eingang in die griechische Götterwelt in „Percy Jackson“ in Los Angeles war, ist er in den Kane-Chroniken erneut in den USA, diesmal als Lebenshaus verpackt in New York, was nicht wirklich einfallsreich erscheint. Die Handlung ist rasant aufgebaut und überzeugt mit vielen witzigen und originellen Einfällen, die einen geschickt zum weiterlesen verführen. Man hat allerdings das Gefühl, dass viele Szenen schon drehbuchgerecht für einen spektakulären Film geschrieben sind. Jugendliche Leser fasziniert dies sicher, ältere empfinden es vielleicht als ein wenig „too much“, denn dadurch verliert sich die eigentlich geheimnisvolle Magie des alten Ägypten hinter bombastischen (Kampf-) Szenen. Die fünf Götter werden im ersten Teil nur angerissen und ihre „magischen“ Fähigkeiten entsprechend spektakulär eingesetzt, was die Story irgendwann oberflächlich erscheinen lässt. Seth, der Gott des Chaos und der Verwirrung ist hier der Böse, der den Vater entführt hat und die Vernichtung der Menschheit innerhalb der nächsten fünf Tagen ankündigt. (Fünf Tage, fünf Götter, fünf Bände 😉 ) Obwohl die Mischung von ägyptischer Mythologie und Gegenwart gekonnt miteinander verknüpft wird, wünsche ich der eigentlichen Geschichte für die Folgebände mehr Tiefe. Die Sprache ist salopp und hat einen eigensinnigen, trockenen Humor mit Biss, der gefällt. Die Abneigungen der Geschwister gegenüber dem anderen, die sich im Anfang in zickigem Gezänk und Eifersüchteleien ergehen, nehmen im Laufe der Story ab und werden amüsanter, je mehr sie erkennen, dass sie aufeinander angewiesen sind und sich gegenseitig brauchen um ihren Vater zu befreien. Die unterschiedlichen Charakteren der beiden sympathischen Hauptprotagonisten werden mit gegensätzlichen, äußeren Auftreten unterstrichen: Carter brav in Khakihosen, Slipper und Button-Down Hemd, Sadie in Springer-Stiefeln und Lederjacke.

Ein temporeicher, abenteuerlicher Fantasyroman zwischen Pyramiden und ägyptischen Göttern mit bombastischen, filmgerechten Szenen, der mit trockenem Witz spannend aufgebaut ist, aber an inhaltlicher Tiefe noch ausbaufähig ist.

Für Claudia Max ist es die erste Übersetzung von Rick Riordan (die „Percy Jackson“-Reihe wurde von ihrer Kollegin Garbiele Haefs übertragen) und hat den trockenen, bissigen Humor und leichten Erzählstil des Autors stimmig getroffen.

Es wird interessant sein zu beobachten, ob die fünf ägyptischen Götter an den Erfolg ihrer griechischen Kollegen anknüpfen können oder ob ihnen unterwegs der magische Atem ausgeht.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

 

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