Ulrike Rylance
dtv, Februar 2012
224 Seiten, € 6,95
ab 14 Jahre
Inhalt:
Carla ist überglücklich: Sommerferien mit ihrer besten Freundin Melanie, ganz ohne Eltern auf Tante Lenas Hausboot im Spreewald. Allerdings wird das kein reiner Mädchenurlaub, was weder Tante Laura noch die Eltern der beiden 16-jährigen wissen. Melanie`s Freund Alex hat sich als Begleiter angesagt, wovon ihre Freundin jedoch gar nicht erbaut ist, da sie ihn nicht besonders mag. Während Carla noch hofft, dass auch ihre heimliche Liebe dazu stößt, bringt Alex kurzerhand einen, den Mädchen bis dahin unbekannten, Freund mit. David macht zunächst einen etwas ruppigen und unnahbaren Eindruck, doch erst einmal freuen sich alle auf ein paar entspannte Tage in der wilden Freiheit. Wild ist diese Freiheit in der Tat, denn das Hausboot liegt an einem See, ohne Kühlschrank und Strom und das nächste Dorf ist nur mit einer zünftigen Kahnpartie zu erreichen. Nachdem der erste Schock überstanden ist, folgt ein Albtraum: Carla entdeckt einen leblosen Körper, der auf dem Wasser treibt. Es ist ein Mädchen, dass Carla bereits bei der Abfahrt in Berlin aufgefallen ist und vor kurzem in dem kleinen Touristendorf wiedergesehen hat – zusammen mit David. Der streitet allerdings alles ab, was ihn noch mysteriöser macht. Merkwürdig verhält sich ist auch ein Hausbootnachbar, ein anderer scheint dagegen sehr sympathisch und reizt die Mädchen mit seinem ganzen Charm, dass Alex und sogar David eifersüchtig werden. Doch Carla hat ganz andere Sorgen: Wer war das Mädchen, welche Verbindung hatte David zu ihr, die er nun leugnet und warum streitet er alles ab?
Rezension:
Einen Krimi in die verzweigte Flusslandschaft des Spreewaldes auf ein Hausboot zu setzen ist originell wie außergewöhnlich. Ulrike Rylance beschreibt die Atmosphäre der verwinkelten Wasserwege des Spreewaldes, in denen man sich mühelos verlieren kann, so lebendig, dass man die drückende Sommerschwüle, die nervenden Mückenschwärme und die Gerüche der dunklen Kanäle selbst im Winter spüren und riechen kann. Die Charaktere entfalten sich im Laufe der Geschichte immer intensiver und obwohl man glaubt, die einzelnen Figuren irgendwann zu kennen, überraschen sie immer wieder mit Wendungen. Herrlich schräg auch die Nachbarn der anderen Hausboote, die irgendwie ein wenig seltsam erscheinen. Nur der sympathische Leon ist ein Lichtblick, mit dem sich die vier Jugendlichen schnell anfreunden. Vor allem Melanie ist von dem Schriftsteller fasziniert und einem Flirt nicht abgeneigt; sehr zum Missfallen ihres eifersüchtigen Freundes, der außer Bier trinken, dummen Sprüchen klopfen und Spielreien mit seinem Handy nicht viel anderes im Kopf hat. Mit ironischem Witz gibt Carla ihren ganz persönlichen Einblick in die Freundschaft mit Melanie, die durch ihren recht anspruchslosen und herrischen Freund ziemlich getrübt wird. Ihre Gefühlswelt, die aus einem Durcheinander aus Eifersucht, Zweifel, Hoffen und Angst geprägt ist, beschreibt sie lebhaft und nachvollziehbar. Auch wenn man glaubt zu wissen, wer der Mörder des jungen Mädchen sein könnte, schafft die Autorin es immer wieder, andere Fährten auszulegen und wieder alles in Frage zu stellen, was natürlich die Spannung bis zum Schluss hoch hält. Selbst als die Lösung nahe ist, gibt es einen weiteren, überraschenden Höhepunkt. Der Thriller kommt ohne blutrünstige, brutale Szenen aus und setzt auf einen feinen, psychologischen Aufbau, der zweifellos gelungen ist.
„Wie leichtgläubig man doch ist, wenn man keinen Grund sieht, etwas anderes anzunehmen“, ist ein Satz von Carla, der den Ton dieses fesselnden Thrillers genau trifft. Die Ferien auf dem Hausboot entwickeln sich zu einem Albtraum, den jeder anders träumt und wahrnimmt, aus dem es aber am Ende ein gutes Erwachen gibt.
Der Titel wie das Cover sind rundum stimmig mit der Geschichte, denn in den Haaren des toten Mädchens haben sich bunte Wasserblüten verfangen, die sich als Seerosen auf dem Titelbild wiederfinden, perfekt kombiniert mit dem alten Kahn auf einem dunklen See.
Sabine Hoß
Bewertung:
Ein Interview mit der Autorin findet Ihr hier: