Milena Baisch
Mit Illustrationen von Elke Kusche
Beltz & Gelberg, Juli 2012
208 Seiten, € 12,95
ab 8 Jahre
Inhalt:
Anton`s größter Wunsch sind Roolys. Das sind Schuhe mit ausklappbaren Rollen, die alle haben – nur er nicht. Als er gerade seinen Vater davon überzeugen will, wie wichtig diese Roolys für ihn sind, geht die Waschmaschine kaputt. Antons Eltern haben nicht sehr viel Geld und die Waschmaschine ist nun einmal eindeutig wichtiger als Schuhe mit Rollen. Daher überlegt Anton, wie er trotzdem an das Geld kommt, um sich seinen Traum zu erfüllen. Er bewirbt sich mit einem selbstgedrehten Film bei einer Kinderstunt-Agentur, die aber nicht von seinen Fähigkeiten überzeugt sind. Als Anton den Freund seines Vaters besucht, der versucht, die Waschmaschine zu reparieren, entdeckt er einen hochmodernen Kopierer. Es kommt ihm eine geniale Idee, die allerdings verhängnisvoll ist und nicht ohne Folgen bleibt…
Rezension:
Mit ihrem Debüt „Anton taucht ab“ hat Milena Baisch ein überzeugendes Buch präsentiert, dass den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Kinderbuch 2011 erhielt. Diese ironische Abenteuergeschichte in einem erfrischenden neuen Erzählton ist rundum gelungen und in sich abgeschlossen. Natürlich weckt ein solcher Erfolg die Möglichkeit, den besonderen Protagonisten Anton eine neue Geschichte erzählen zu lassen. Es birgt allerdings auch die Schwierigkeit und Tücke, das Außergewöhnliche und die Originalität des ausgezeichneten Debüts wieder zu erreichen. Während in „Anton taucht ab“ der Protagonist in seinem Egoismus und seiner Naivität durch die herrlich ironischen Erzählweise sympathisch wirkt, ist der Anton in der neuen Geschichte ein latent quengelndes, nervendes Kind. Natürlich ist nachvollziehbar, dass auch er unbedingt solche Rollys haben möchte; schließlich sind die gerade angesagt und wer steht schon gerne am Rande. Und eigentlich weiß Anton, dass seine Eltern nicht über viel Geld verfügen. Anton bekommt mit, dass sein Vater Kurzarbeit machen muss und weder für eine Reparatur noch für eine neue Waschmaschine das Geld da ist. Trotzdem nörgelt er ständig, was ihn weder sympathisch erscheinen lässt, noch realistisch. Kinder haben ein sensibles Gespür dafür, wenn das Geld in einer Familie knapp ist und wissen, dass sie die Sachen, die alle anderen haben, eben leider nicht erfüllt bekommen. Dieses Gespür scheint Anton völlig zu fehlen und erscheint damit nicht fröhlich frech, wie in seinem Sommerabtenteuer auf dem Campingplatz, sondern einfach nur unverschämt und nervend. Wirklich sympathisch kommen nur die beiden Schulkameradinnen Xiaomeng und Fanny rüber, die für fast jedes Abenteuer zu haben sind und zu Anton halten, wenn es notwendig ist. Fragwürdig und auch nicht weiter logisch weitergedacht ist die Bekanntgabe des Lehrers Rodrigues mitten im Unterricht, dass Anton an dem Wandertag in den Spaßpark nicht teilnehmen kann, weil der Förderverein der Schule die Kosten nicht übernimmt. Insgesamt wirkt das gesamte Handlung sprunghaft und bemüht konstruiert. Es fehlt die charismatische Leichtigkeit und frische, bissige Erzählweise des Antons auf dem Campingplatz. Die Idee und Umsetzung der eigenmächtigen Geldvermehrung ist nicht wirklich außergewöhnlich, aber nett umgesetzt. Jeder hat sicher schon mal davon geträumt, wie schön und einfach alles wäre, könnte man das Geld auf einem Kopierer vermehren. Anton versucht das auch und bekommt etwas viel wertvolleres geschenkt: Freundschaft und Zusammenhalt. Das ist die schöne Quintessenz der Geschichte, deren Protagonist besser Max oder Moritz geheißen hätte. Somit wäre das zweite Buch der Autorin Milena Baisch nicht mit der undankbaren Tatsache verbunden, ihren ausgezeichneten und originellen Anton mit einer bemühten und deutlich schwachen Fortsetzung messen zu müssen. Dass sie erfrischend, ironisch-frech und anders schreiben kann, dass hat sie bewiesen. So bin ich gespannt auf eine Anton-freie und ganz neue Geschichte der talentierten Autorin.
Die passenden Bilder und der Einband mit Anton-Wiedererkennungswert von Elke Kusche durchziehen das Buch runden das Buch stimmig ab.
Sabine Hoß
Bewertung: