Schaut man in die Herbstvorschauen 2013 der Kinder- und Jugendbuchverlage stellt man fest, dass bis auf wenige Ausnahmen überwiegend eine einheitliche, unaufgeregte Mischung präsentiert wird. Es gibt von allem irgendwie etwas: Den (Psycho-) Thriller, Fantasy und Dystopien urban, dark oder romantisch angehaucht, Steampunk ist (leider) fast ganz verschwunden und Bücher mit sozial-realistischen Themen. Einen „Trend“ ist nicht klar zu erkennen.
„Gott sei Dank“ sagen die Einen, zu denen auch ich gehöre, „Oh weh“, klagen die Verlage. Die sind, mal wieder (und das schon seit einer gefühlten Ewigkeit, so oft hat man dies schon gehört), völlig verunsichert darüber, was die Zukunft bringen mag. Ungeduldig schielt man über den großen Teich in der Hoffnung, dass von dort bald wieder ein angesagter Themen-Trend rüberkommen mag. Das kann allerdings dazu führen, dass man den klaren Blick auf den eigenen Markt ein wenig aus den Augen verliert. Statt die Augen in eine ungesunde statische Position festzusetzen, sollte man lieber den Blick nach innen führen. Es gibt hierzulande sicher viele Autoren, die neue, innovative Ideen haben und damit bei Verlagen nicht wahrgenommen oder abgeblockt werden, weil sie vielleicht „zu gewagt sind, man nicht sicher ist, ob das ankommt, es aktuell ins Programm passt“ usw.
Statt dessen gibt es plötzlich den amüsanten Einfall, lustvolle Erotik für die Jugendliteratur zu entdecken und als neues Trendthema zu präsentierten: „50 Shades of Akne“ für Jugendliche. Wunderbar. Die Programmmacher scheinen dabei ihre eigene Jugend vergessen zu haben inklusive der Tatsache, dass die Zielgruppe der „jungen Erwachsenen“ mit Sicherheit keine Scheu haben wird, zum Original (das auch mehr Marketinggetöse als Inhalt geboten hat) zu greifen, als zu einer auf Jugendformat weichgespülten Kopie. Das war vor über 30 Jahren so und das ist heute nicht anders. Eine solche Idee befremdet mehr als das sie originell erscheint.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Literatur ausländischer Autoren sind diskussionslos unverzichtbar und ein wichtiger Gewinn für den Leser. Vielleicht sollte die Verlagswelt in der Zeit des Wartens auf einen neuen Trend dennoch ein wenig mehr auf Qualität als auf Quantität setzen, mehr Autorenaufbau- und pflege deutscher Autoren betreiben und ihnen ein wenig mehr Freiheit in und mit ihren Ideen, Umsetzungen zu lassen. Das ist sicher manchmal nicht einfach, denn der Wettbewerb ist hart. Doch Qualität und Mut haben sich meist ausgezahlt. Und solange die aktuellen Naturkatastrophen nicht als Grundlage für dystopische Adaptionen der biblischen Arche Noah-Geschichte genommen werden, wer weiß, vielleicht heißt es dann doch, irgendwann, dass das neue Trend-Thema in der Kinder- und/oder Jugendliteratur „Made in Germany“ ist.
Dann hätte die Branche auch endlich ihren viel und lang besprochenen „Umbruch“. Und das wäre doch echt mal was, oder?
Sabine Hoß