Weil ich Laken liebe

Weil ich Laken liebe KLEIN

Colleen Hoover

Aus dem Amerikanischen von Katharina Ganslandt

dtv, November 2013

336 Seiten, € 9,95

ab 16 Jahre

 

 

Eine Liebesgeschichte? Große Gefühle, die große Liebe und emotionale Wucht? Normalerweise drücke ich mich vor solchen Büchern, wann immer es geht;  sind sie doch stets nach ähnlichem Muster aufgebaut: Er verliebt sich in sie oder umgekehrt, irgendwer oder irgendwas kommt, damit sie nicht zusammen kommen und am Ende kriegen sie sich doch. Ein Muster mit Happy End, wie es im echten Leben nur ganz selten zu finden ist. Doch manchmal braucht man genau so einen leicht-flockigen Unterhaltungsroman, wenn das reale Leben gerade mit viel Arbeit, Terminen und wenig Liebelei einspannt.

So bin auch ich auf der Suche nach etwas „leichtes für zwischendurch“ auf dieses Buch gestoßen. Die Tatsache, dass die Autorin Colleen Hover ihren Debütroman erst als E-Book auf den amerikanischen Markt brachte, der schnell auf die New-York-Tims-Bestsellerliste wanderte (wie auch der Folgeband und zwei weitere Romane) hat mich zudem neugierig gemacht.

Der Roman beginnt auch zunächst so, wie man sich einen klassischen Liebesroman vorstellt: Die achtzehnjährige Layken zieht mit ihrer Mutter und ihrem neunjährigen Bruder Kel weit weg von ihrer Heimat Texas nach Ypsilanti in Michigan. Ihr Vater ist vor kurzem ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben und ihre Mutter hat in ihrer Heimatstadt eine gute Stelle als Krankenschwester angeboten bekommen, die sie als Alleinverdienerin nicht ausschlagen kann. Kaum in Ypsilanti angekommen, freundet sich Kel mit dem Nachbarsjungen Caulder an und Layken ist auf Anhieb von seinem älteren Bruder Will fasziniert, was auf Gegenseitigkeit beruht. Will zeigt Layken nicht nur, wo der nächste Supermarkt ist sondern auch das, wofür sein Herz schlägt: einen Club, in dem regelmäßig Poetry Slam-Abende veranstaltet werden. Layken ist von der Wirkung dieser Poetry Slams gefesselt, zudem verzaubert sie Will immer mehr. Doch nach ein paar Tagen verliebter Glückseligkeit gibt es für beide in der Schule ein abruptes Erwachen aus ihrer Verliebtheit: Will ist Referendar  an der gemeinsamen Schule und Layken besucht ausgerechnet seinen Englischkurs. Für Will steht ganz klar fest, dass ihre Liebe sofort beendet werden muss, denn er würde seine berufliche Existenz und die Vormundschaft für seinen kleinen Bruder aufs Spiel setzen.

Das ist die Stelle, bei der man glaubt, dass jetzt das besagte Liebesgeschichten-Muster eintritt: sie haben sich, doch sie dürfen nicht, wie kommt er aus der Geschichte raus, der Rest könnte ziemlich belanglos dahin plätschern, Happy End garantiert. Doch genau ab dieser Stelle kommt der Roman erst richtig in Fahrt und wird überraschend anders. Die Ich-Erzählerin Layken gerät in eine Achterbahnfahrt voller unterschiedlicher Gefühle gegenüber Will:  Unverständnis, Wut, Trauer, ein Hauch von Akzeptanz. Hat sie gerade akzeptiert, das ihre Liebe eben nicht sein darf, kommt ihr im nächsten Moment Will wieder einen Stück entgegen. So wie man Layken und ihre Zerrissenheit nachvollziehen kann, so wird man mit Will und seinen Gefühlen zu Layken hin- und her geschleudert. Manchmal möchte man ihn schütteln, weil er Layken wieder Hoffnung macht und im gleichen Moment sich brüsk zurückzieht, wofür man ebenfalls Verständnis hat, kennt man seine Gründe. Colleen Hoover rollt eine Beziehung mit tiefer Intensität und emotionaler Wucht auf, die keineswegs leicht und seicht daherkommt. Die beiden authentischen Hauptfiguren wie die Nebendarsteller, allen voran Laykens Freundin Eddie, füllen die Geschichte mit Leben und verzichten auf Überheblichkeiten.

Mit einer überraschenden Wendung gibt die Autorin der Handlung einen neuen Impuls, der für Layken, aber auch für Will, die Situation noch einmal in ein neues Licht setzt. Layken muss sich mit einem neuen, sehr ernsten Problem auseinander setzen und Will ist der Einzige, der sie versteht. Die Poetry-Slam-Abende, die Will so am Herzen liegen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte wie die Musik der Gruppe „The Avett Brothers“. (Die gibt es wirklich und machen in der Tat tolle Musik (KEINE Country-Musik, Gott sei Dank 😉 ) mit nachdenklichen Texten!)

Da Will Englischlehrer ist, fordert er die Schüler seines Kurses heraus, dass jeder an  einem Poetry-Abend etwas vortragen soll, im Gegenzug dürfen sie auf  die Abschlussarbeit bei ihm verzichten. Das Ergebnis sind nachdenklich machende, bewegende Slam-Texte, die Katharina Ganslandt so stimmig übersetzt hat wie sie für den gesamten Roman die wunderbar richtige „Tonlage“ gefunden hat.

Das Buch ist zweifellos eine Liebesgeschichte, sicher an der einen oder anderen Stelle sehr gefühlvoll, doch nie kitschig. Es erzählt neben Liebe, Freundschaft auch von Trauer, Tod und das man das Leben akzeptieren sollte, wie es ist und gleichzeitig nicht zu ernst zu nehmen. Es ist ein Roman, der es als Liebesroman auf ganz eigene Weise schafft zu zeigen, dass es sich lohnt, seine persönlichen Grenzen zu überschreiten, „denn sie sind dazu da, erweitert zu werden.“

Alle, die sonst niemals eine Liebesgeschichte lesen würden, werden zwischen diesen Seiten sicher genauso hängen bleiben, wie ich es getan habe. Das Buch ist überraschend angenehm nichts „leichtes für zwischendurch“ und ich habe es mit einem nachdenklich nachhallenden, guten Gefühl aus der Hand gelegt.

Ob man allerdings unbedingt den Folgeband („Weil ich Will liebe“) lesen muss, der die Geschichte aus der Sicht von Will erzählt, muss jeder selbst überlegen. Etwas, was einmal rundum gelungen ist, muss mit Fortsetzungen nicht unbedingt besser werden.

Die Übersetzung des Originaltitels „Slammed“ ist mit „Weil ich Layken liebe“ und dem grafisch abgesetzten Namen Will (der sich aus den Anfangsbuchstaben zusammensetzt) einmal wirklich originell und mit dem Farbklecks-Cover ins Auge fallend gewählt. (Bei der erwähnten Fortsetzung gelingt das nur bemüht.)

Sabine Hoß

Bewertung:

 

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