Stefanie Taschinski
Oetinger, 20. Januar 2015
256 Seiten, € 14,99
ab 8 Jahren
Stefanie Taschinski ist mit ihrer Kinderbuchreihe „Die kleine Dame“ bekannt geworden, gefolgt von den mehrbändigen Abenteuern der „POPkörner“ (beides Arena). Mit ihrer poetischen Tierparabel „Funklerwald“ zeigt sie nun eine ganz neue Seite ihrer schreibenden Kreativität und erstmals bei Oetinger.
Das kleine Luchsmädchen Lumi wird von ihrer Tante Kette großgezogen. Sie versucht mit Strenge und Disziplin aus der verspielten und verträumten Lumi eine gute Jägerin zu machen, wie ihre Mutter eine gewesen ist. Doch ihre Nichte tollt viel lieber mit den anderen Tierkindern Borste, dem Wildschweinjunge und Rissa, dem Fuchsmädchen im Wald herum. Plötzlich gibt es große Aufregung denn es wurden „Kratzer“ im Funklerwald gesichtet worden. „Kratzer“, in diesem Fall Waschbären, sind die Tiere, die nicht in den Funklerwald gehören. Wer in den Wald gehört, bestimmt der „Wandelbaum“, aus dessen Stamm die Zweige aller Bäume sprießen, die es im Wald gibt. Als die Samen dieser verschiedenen Bäumen sich im Wald verteilten, wurde jeder Baumzweig einem Tier zugeordnet, das in dem Funklerwald leben durfte. Für jedes Tier wurde ein Zeichen in den Stamm des „Wandelbaumes“ geritzt, das die Zugehörigkeit belegt. Waschbären haben bisher kein Zeichen und müssen folglich aus dem Wald raus.
Durch Zufall trifft Lumi auf den eingeklemmten kleinen Waschbärenjunge Rus und befreit ihn. Zunächst noch etwas ängstlich ist ihre Neugier aber stärker und langsam freunden die beiden sich an. Das Luchsmädchen stellt fest, dass Rus nicht alleine im Wald ist. Seine Eltern verstecken sich mit neugeborenen Waschbären, außerdem ist der Vater wegen einer schlimmen Verletzung krank und schwach und kann sich nicht richtig um seine hungrige Familie kümmern. Lumi schlägt alle warnenden Worte von Tante Kette und Zottel, dem alten Dachs in den Wind. Sie merkt, dass die Waschbären nicht gefährlich sind und die Gemeinschaft durchaus von ihnen profitieren kann. Sie beschließt mit Rus den Wandelbaum zu suchen und das Zeichen für die Waschbären in die Rinde zu ritzen, damit auch sie ihren Platz im Flunkerwald bekommen.
Auch ihre Mutter, die Geschichtenjägerin, hat diesen Baum gesucht und Lumi glaubt, ihrer Mutter ein Stück näher zu sein, wenn sie diesen Baum findet. Ein langer und gefährlicher Weg liegt vor dem Luchsmädchen und dem Waschbärenjungen, denn sie müssen die gefährliche Jahrtausendschlucht durchqueren und schwierige Rätselfragen einer Schlange beantworten, die den Wandelbaum bewacht. Doch das Schwierigste für die beiden wird es sein, dass Misstrauen und die Vorurteile der anderen Tiere aus dem Funklerwald zu besiegen und ihnen zu zeigen, dass ein friedliches Leben miteinander für alle nur ein Gewinn ist.
Kindgerecht und verständlich verpackt Stefanie Taschinski in ihrer Tierparabel reale Probleme im Zusammenleben, das leider von Vorurteilen, Misstrauen und Fremdenhass geprägt ist. Lumi ist ein verträumtes und verspieltes Luchsmädchen, die feinfühlig ist und ihre Warmherzigkeit ihrem Jagdinstinkt durchaus manchmal zu schaffen macht. Sie erkennt in ihrer jugendlichen Unbefangenheit, dass Misstrauen, Vorurteile gegenüber jemanden Fremden das Annähern und Berühren unmöglich macht und damit die Chance eines gewinnbringenden Zusammenlebens genommen wird. Lumi schafft es mit Mut und Unbeirrbarkeit eine Brücke zwischen Unbekannten und Gewohntem mit Toleranz und Freundschaft zu bauen.
Der Geschichte gelingt diese lehrreiche Brücke ohne moralische Keule aber mit sensibler, poetischer Erzählkraft, in die bezaubernde magische Elemente mit einfließen und sympathischen, leicht wiedererkennbaren Tierfiguren.
Eine nachdenklich machende Tierparabel über Fremdenhass, Intoleranz und Vorurteile, die so aktuell ist wie lehrreich bleibt – für Kinder und Erwachsene.
Die zahlreichen, sehr schönen schwarz-weiß Illustrationen und auch der farbige Einband von Verena Körting ergänzen hervorragend.
Sabine Hoß
Bewertung:
Ein Interview mit der Autorin findet Ihr hier: