Mein Herz hämmert, dass es wehtut

Mein Herz hämmert, dass es wehtut KLEIN

Brynjulf Jung Tjønn

Aus dem Norwegischen von Katrin Frey

Dressler, 20. Januar 2015

128 Seiten, € 12,99

ab 13 Jahre

 

 

Es ist ein kleines, schmales Buch, mit dem der junge Autor Brynjulf Jung Tjønn in Deutschland sein Debüt gibt. Der ausgebildete Journalist Jahrgang 1980 wurde in Seoul geboren und 1982 von einer norwegischen Familie adoptiert. Seit 2002 hat er sechs Romane für Erwachsene und Jugendliche geschrieben und den Jung-Verlag gegründet, der junge Literatur ausschließlich im Internet publiziert. „Mein Herz hämmert…“ wurde in seinem Heimatland mit dem Brageprisen 2013 ausgezeichnet. Dieser Preis wird seit 1992 von der Stiftung „Der norwegische Buchpreis“ in Zusammenarbeit mit der norwegischen Verlegergemeinschaft verliehen.

Henrik erlebt den physischen wie psychischen Zerfall seines Onkels Simon. Der Krebs zerfrisst Simons Lebenswillen und löst seinen Körper erbarmungslos mit immer neuen und schneller werdenden Schüben auf. Für Henrik war Simon nicht nur ein Onkel, sondern auch Freund, Bruder und Vaterersatz, denn seinen leiblichen Vater hat er bisher nicht kennengelernt.

Auch seine Mutter verändert sich zusehends mit dem Zerfall ihres Bruders. Sie nimmt sich beruflich eine Auszeit, bangt, hofft und muss doch hinnehmen, dass es für Simon keine Besserung geben wird. Ihre ganze Konzentration gilt ihm und vergisst dabei, dass Henrik die gleichen Ängste, Hoffnungen und Trauer für seinen Onkel empfindet, mit dem er viele gemeinsame Stunden und Erlebnisse teilte. Simon weiß, dass seine Lebenszeit absehbar ist und stellt fest, dass er nicht viel daraus gemacht hat. Er hat keinen richtigen Job, keine Freundin, keine Kinder – keine eigene Familie. Als Henrik ihm von Kjersti erzählt, dem Mädchen, in das er sich verliebt hat, gibt er auf Simons Frage vor, sie bereits geküsst zu haben. Seiner Lüge bewusst ist Henrik traurig, beschämt und möchte daraus Wahrheit werden lassen.

Die Handlung spielt auf verschiedenen Zeitebenen, beginnend im Sommer und zurückblickend in den vorigen Winter bevor sie wieder in den Sommer zurückkehrt und nach einem erneuten Rückblick in den Frühling im Sommer abschließt.

Während Simon immer schwacher, von Geräten am Leben gehalten wird und der Tod als Erlösung erscheint, nähern sich Henrik und Kjersti behutsam. Ihr gelingt es, Henrik aus seiner Trauer ein Stück weit herauszuholen und zeigt zugleich ehrliches Interesse und Mitgefühl für ihn und den bevorstehenden Tod des Onkels.

Brynjulf Jung Tjønn lässt Henrik aus seiner Sicht klar und direkt, ohne sentimentale Schnörkel und Schleifchen erzählen. Trotzdem schafft er mit poetischer Sensibilität  eine Offenheit und warmherzige Empathie zu erzeugen, die bewegt. Er zeigt, dass Leben auf der einen Seite so schmerzhaft und traurig ist und gleichzeitig auf einer anderen Seite lebensbejahend und voller Hoffnung sein kann.  Der Tod gehört zum Leben, das man genießen sollte, wann immer es geht. Denn wie man zu seinem Leben steht, so kann man auch dem Tod und das Sterben näher kommen und beides annehmen.

Es ist ein kleines, schmales Buch, eine literarische Perle voller Kraft und gleichzeitiger Feinfühligkeit, die fasziniert und nachhallen lässt. Eine Geschichte über die erste große Liebe, Leben und Tod, Hoffnung, Schmerz und Trauer – und das das eine nicht das andere ausschließt.

Katrin Frey hat dies wunderbar ins Deutsche übertragen.

Das Cover wird dem Inhalt nicht gerecht und mir zu kitschig auf Liebesromantik ausgerichtet.

Man darf gespannt sein, ob dieses Buch auch hierzulande auf Nominierungslisten erscheinen wird.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

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