Travis Delaney – Was geschah um 16:08?

Travis Delaney KLEIN

Kevin Brooks

Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn

dtv, April 2015

320 Seiten, € 14,95

ab 12 Jahren

 

 

Kevin Brooks hat sich mit düsteren, sozial-kritischen Milieuschilderungen und Auseinandersetzung realer Probleme von Jugendlichen hierzulande einen ausgezeichneten Namen gemacht, nicht zuletzt auch durch die sehr gute Übersetzungen von Uwe-Michael Gutzschhahn.

Jetzt präsentiert er den ersten Krimi für ein jüngeres Publikum und gleichzeitig den ersten Band einer Serie, was ebenfalls für diesen Autor eine Premiere ist.

Der dreizehnjährige Travis Delaney verliert durch einen Autounfall seine Eltern und lebt nun bei seinen Großeltern, die sich liebevoll um ihn kümmern. Von einen Tag auf den anderen ist nichts mehr in seinem Leben, wie es einmal war.

Während der Beerdigung beobachtet Travis einen merkwürdigen Mann, der mit einer als Knopf getarnten, versteckten Kamera die Zeremonie filmt. Obwohl Travis in tiefer Trauer ist, fällt ihm diese Situation auf und macht ihn misstrauisch. Als kurze Zeit später das Detektivbüro seiner Eltern (die die Agentur von seinem Opa übernommen haben), während Straßenkrawallen durchwühlt und verwüstet wird und ein weiterer mysteriöser Mann sich als Mitarbeiter für eine Versicherung ausgibt, bei der die Detektei angeblich versichert ist, beginnt Travis Nachforschungen zu stellen. Was war das für ein Fall, an dem seine Eltern zuletzt arbeiteten? Wieso ist ihr Wagen von der Straße abgekommen, war es wirklich ein Unfall?

Courtney, die Assistentin seiner Eltern, verspricht Travis, ihn bei seinen Nachforschungen zu unterstützen, warnt ihn aber eindringlich vor Alleingängen. Auf diesen Rat hört Travis natürlich nicht und es dauert nicht lange, bis er in die erste gefährliche Situation gerät. Er bekommt zwar Hilfe von Courtney und einer Straßengang, die aus einem heruntergekommenen Viertel in der Nähe stammt, doch Travis stößt immer wieder an seine Grenzen. Sein Großvater, der die Detektei vor vielen Jahren gegründet hat, kämpft neben der Trauer um seinen Sohn und seiner Schwiegertochter mit einer Depression, die auch in früheren Zeiten sein Leben belastet hat. Travis, der nur noch mit Vermutungen und Spekulationen hadert, vertraut sich seinem Großvater an, als er rastlos und getrieben mit seinen Nachforschungen immer wieder in Sackgassen gerät. Sein Opa vermutet, dass konkurrierende Geheimdienste wie der MI 5,, MI 6, die CIA und eine zwielichtige Untergrundorganisation mit Namen „Omega“ hinter dem Tod von Travis Eltern stecken, der ganz offensichtlich kein normaler Verkehrsunfall war. Mit seinem Netzwerk an Kontakten machen sie sich gemeinsam auf den gefährlichen Weg, den wahren Grund für den Tod von Travis Eltern herauszufinden, was ein sehr spannendes wie gefährliches Unternehmen wird.

Nicht selten findet sich in den Geschichten von Kevin Brooks die politischen Konflikte in Nordirland der 80er und 90er Jahre wieder; so bindet er diese raffiniert als Hintergrund mit aktuellen Problemen auch in diese Geschichte ein. Der (damalige) Guerillakrieg zwischen den katholischen Republikanern und den protestantischen Loyalisten wird erweitert mit verschiedenen, in den Aufgaben sich konkurrierenden Geheimdiensten. Erschwert wird diese komplexe Situation durch die inoffizielle Splittereinheit, die mit der Bezeichnung  „Omega“ ihre skrupellose Arbeit verrichtet. Damit bedient sich Brooks einem facettenreichen und fantasiereichen Angebot an Möglichkeiten, die sich in Spannung und Dynamik ergänzen, dabei gelungen ineinander übergehen. Natürlich gibt es auch actionreiche Szenen, die aber auf blutrünstiges Kettenmassaker verzichten, dafür mit feiner Ironie und psychologischer Spannung ersetzen. Der Autor baut eine rasante und klug durchdachte Handlung auf, die von einem Protagonisten getragen wird, der mit seinen Gefühlen kämpft und mit dem sich die Zielgruppe leicht identifizieren kann. Auch wenn Travis nach dem furchtbaren Tod seiner Eltern von den Großeltern liebevoll aufgefangen wird und dieses „gutbürgerliche“ Milieu eher selten in den Romanen von Brooks anzutreffen ist, setzt er den wiedererkennbaren Kontrapunkt mit einem perspektivlosen, sozialschwachen Randstadtmilieu, die ihre Probleme mit Straßenkrawallen Luft machen.

Ein temporeicher, dramaturgisch klug durchdachter,  von der ersten bis zur letzten Seite fesselnder Krimi in authentischem Milieu und gelungener Auftakt einer Krimi-Reihe, die sich an die jüngere Lesergruppe ab 12 Jahren richtet.

Uwe-Michael Gutzschhahn hat die Geschichte für ein rundum fesselndes Leseabenteuer perfekt ins Deutsche übertragen.

Das Cover ist als „Eyecatcher“ ebenso gelungen.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

 

 

 

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