Mary L. Trump
Aus dem Amerikanischen von Christiane Bernhardt, Pieke Biermann, Gisela Fichtl, Monika Köpfer und Eva Schestag
Heyne Verlag, August 2020
288 Seiten, € 22,00
Es ist nicht verwunderlich, dass die Familiengeschichte um Donald Trump nach ihrem Erscheinen wie in den USA auch in Deutschland in kürzester Zeit den Platz 1 auf der Spiegel-Bestseller-Liste als Sachbuch besetzt hat. Trotz heftiger Bemühungen ist es Donald Trump nicht gelungen, ein Erscheinen auf dem amerikanischen Markt zu verhindern.
Die Autorin Mary L. Trump promovierte klinische Psychologie am Derner Institute of Advances Psychological und lehrte in den Fachbereichen Traumatherapie, Psychopathologie und Entwicklungspsychologie. Als Nichte von Donald Trump hat sie einen Teil ihrer Kindheit in „The House“ verbracht, dem Haus ihrer Großeltern, in dem auch Donald Trump und seine Geschwister aufwuchsen.
Donald Trump wurde von seinem empathielosen, geld- und machtgierigen Vater nicht unbedingt als Nachfolger (denn insgeheim waren ihm seine Unfähigkeiten bewusst), aber als Prestigeobjekt aufgebaut. Dabei wurde er systematisch von Medien und Banken unterstützt, die die absolute Unfähigkeit von Donald Trump (nicht nur) als Geschäftsmann so unterstützten, dass sie ihn damit zu einem lebenden Mythos gemacht haben.
In einer bissigen, gut recherchierten und hochspannenden Erzählung zeichnet Mary L. Trump die Geschichte ihrer Großeltern, ihren Kindern und deren Aufstellung hinter einem psychologisch-kompetenten Hintergrund auf. Dabei sucht sie keine Entschuldigungen für die Unfähigkeit Trumps, sondern bemüht sich um Erklärungen, warum er so geworden ist, wie er ist. Trump besitzt keine Fähigkeiten, sich zu entwickeln, Gefühle zu zeigen und Informationen auf- und zusammenführen. Seine weitreichende Unsicherheit ist verbunden mit verzweifelter Suche nach Anerkennung und bekommt er die nicht, reagiert er unbarmherzig und brutal. Darunter musste auch sein Bruder Freddy und Vater von Mary L. Trump grausam leiden, wie jeder in seinem Dunstkreis, der nicht so agiert, wie Donald Trump es möchte.
Mary L. Trump präsentiert eine gewagte, schonungslos offene Familiengeschichte und demaskiert Donald Trumps Machthabitus mit belegter Inkompetenz, in der Hoffnung, dass dieser Mensch nicht mit einer zweiten Amtsperiode den Niedergang der USA und seinen globalen Beziehungen besiegelt.
„Zu viel und nie genug“ ist kein Buch, dass unbedingt auf dem Nachttisch liegen sollte, da es dort einen beruhigenden Schlaf verhindern könnte. Aber lesen sollte man es auf jeden Fall!
„In seinem Bewusstsein mögen die Lügen im selben Moment zur Wahrheit werden, in dem er sie äußert, aber sie bleiben immer noch Lügen. Für ihn ist das nur eine weitere Möglichkeit, auszutesten, womit er davonkommen kann. Und bislang ist er mit allem davongekommen.“
(Zitat aus dem Buch, S. 270)
Sabine Wagner