Cornelia Funke
Dressler Verlag, November 2020
464 Seiten, € 24,00
Auf ihrer Suche nach Rettung vor Spielers Machenschaften sind Fuchs und Jacob auf die asiatische Seite der Spiegelwelt gereist. Dort begegnen ihnen auch Will und Nerron wieder, die ihre eigenen Gründe haben, sich gegen den Erlelf zu stellen. Gemeinsam reisen sie auf die Insel Nihon, um Antworten auf ihre Fragen zu finden. Dort begegnen ihnen nicht nur alte und neue Weggefährten, sondern auch Gefahren, die unüberwindbar scheinen. Wird es Fuchs und Jacob gelingen, dem Deal mit Spieler zu entgehen? Und was führt Spieler wirklich im Schilde?
Fünf Jahre ist es her, seit Cornelia Funke den dritten Band der Spiegelwelt veröffentlicht hat und die Fans mit einem spannenden Cliffhanger zurückgelassen hat. In ihrem vierten Band lässt sie den Leser die asiatische Seite, in diesem Fall insbesondere die japanische Seite der Spiegelwelt näher kennenlernen.
Waren einem noch aus den ersten beiden Bänden und teilweise auch dem dritten Band die Märchengestalten-und Geschichten bekannt, so begegnet jetzt dem Leser, wenn er nicht zufällig bereits vorher Kenntnisse mit asiatischer Mythologie hatte, eine völlig neue Welt. Diese hält auch neue und interessante Charaktere mit ihrer ganz eigenen Geschichte bereit, von denen der Reiseführer Hideo und der Erlelf Krieger nur zwei der Neuzugänge zu nennen sind, denen man im Japan der Spiegelwelt begegnet.
Ebenfalls neu ist die Dynamik zwischen den alten Charakteren der Spiegelreihe. Da wären zum einen Fuchs und Jacob, die, jetzt wo sie ein Paar sind, eigentlich wirklich glücklich sein könnten, wenn da nicht der Handel mit Spieler wäre. Dabei fällt auf, dass Fuchs im Kampf gegen den Erlelf die treibende Kraft ist und Jacob stets daran erinnert, dass Weglaufen keine Option ist.
Nachdem die Liebesgeschichte zwischen Kami’en und der Dunklen Fee durch deren Tod im letzten Band zu Ende zu sein scheint, bleibt der Spiegelreihe die Romantik, die doch gleichzeitig mit so viel Tragik durchsetzt ist, durch Fuchs und Jacob erhalten. Eine andere Beziehung, die sich, im Gegensatz zu Fuchs und Jacob, jedoch eher zum Negativen verändert hat, ist die von Jacob und Will. Nach Wills Soloabenteuer im dritten Band hat sich sein jüngerer Bruder zu jemandem entwickelt, der seinen großen Bruder nicht mehr so braucht, wie es im ersten Band der Fall gewesen ist, wo Will noch ein Frischling in der Spiegelwelt war. Will ist durch seine Erfahrungen im dritten Band ernster, selbstbewusster, kühler und auch etwas rücksichtsloser geworden, als er es zu Anfang der Reihe war. Dies und die Tatsache, dass er sich in das Spiegelwesen Sechzehn verliebt hat, belasten seine Beziehung zu Jacob. Hinzu kommt noch, dass er sich, sehr zu Jacobs Leidwesen, Nerron als seine neue Vertrauensperson auserkoren hat. Dieser ist zwar charakterlich durch seine Beziehung zu Will etwas „weicher“ geworden, auch wenn er sich noch immer vorzumachen versucht, dass dem nicht so ist. Jedoch weiß er seine Beziehung zu Will auch für seine eigenen Zwecke zu nutzen, somit kann man seine „Freundschaft“ zu Will nicht gänzlich als solche bezeichnen. Zudem ist er immer noch ein Charakter, der stets darauf bedacht ist, das Beste für sich am Ende herauszuholen. Was Spieler und die Erlelfen an sich angeht, so werden die Leser in diesem Band einige Antworten auf ihre Fragen bekommen, die auch für einige Plottwists in der Geschichte sorgen. Doch trotz dieser Antworten bleibt eine gewisse Mysteriösität um diese scheinbar so unbesiegbaren Gegenspieler unserer Hauptfiguren doch erhalten. Dies ist ein weiterer Faktor, der diese Geschichte bis zum Schluss so spannend und unterhaltsam macht.
Cornelia Funke hat mit dem vierten Band der Reckless-Reihe einen weiteren spannenden, fantastischen Pageturner geschaffen, dessen Ende den Leser mit Spannung auf den nächsten Band warten lässt. Zum Schluss noch ein Kompliment an die Coverdesigner,die es wunderbar mit ihrem Handwerk geschafft haben, die exotische Atmosphäre auf den Buchumschlag zu zaubern, die diese Fortsetzung unter anderem ausmacht.
Johanna Hoß