Isabel Allende
Aus dem Spanischen von Svenja Becker
Suhrkamp Verlag, 15.02.2021
184 Seiten, € 18
Die chilenische Autorin Isabel Allende muss man „eigentlich“ nicht mehr wirklich vorstellen. Mit unzähligen international und millionenfach verkauften und in 40 Sprachen übersetzten Büchern (ihr gesamtes Werk ist im Suhrkamp Verlag erschienen) hat sie unter anderem als Erste aus der spanischsprachigen Welt für ihr Lebenswerk die Auszeichnung „National Book Award Medal for Distinguished Contribution to American Letters“ erhalten.
Isabel Allende hat nie ihren leiblichen Vater kennengelernt und die Mutter kehrte mit drei kleinen Kindern in ihr Elternhaus zurück, als sie von ihrem Mann sitzen gelassen wurde. Allende wurde daher größtenteils mit ihren Geschwistern von ihren Großeltern in einer konservativen, engen großbürgerlichen Gesellschaft erzogen.
Isabel galt schon als genau beobachtendes Kind als aufsässig und schwierig und wurde deshalb von der verzweifelten Mutter zu Ärzten geschickt. Der Satz ihres Großvaters „Wer zahlt, sagt, wo`s lang geht“ lässt in ihr schon früh Widerstand wachsen und in ihr den Feminismus erwachen.
In ihre Vita gibt die Autorin einen persönlichen Einblick, die die Basis für die Entwicklung ihrer feministischen Haltung ist. In kurzen Kapiteln, die selten mehr als drei Seiten umfassen, reißt Isabel Allende viele Themen an, die im Kontext zum Feminismus stehen, beispielsweise das Patriarchat der Männer, sexualisierte Gewalt in seinen verschiedensten Varianten gegenüber Frauen, Vergewaltigung, Beschneidung, Prostitution und vieles mehr. Die Schriftstellerin bleibt bei den verschiedenen Themen in den kurzen Abschnitten oberflächlich, trotzdem gibt sie mit ihren, oft auch humorvollen persönlichen, Gedanken auf unterhaltsame Weise Denkanstöße.
So ist für sie ganz klar, dass die Frauen heute Liebe und Respekt, aber auch Kontrolle über Leben, Körper und über allem ihre Unabhängigkeit wollen. Wieviel Ungleichheit und Ungerechtigkeit es für Frauen aber auch heute noch immer noch gibt, beispielsweise im Beruf und auf der Karriereleiter gibt, stellt sie ebenfalls hervor.
Nach zwei Scheidungen lebt sie seit 2016 in dritter Ehe mit ihrer letzten großen Liebe, dem verwitweten Rechtsanwalt Roger zusammen, den sie liebevoll beschreibt, wie auch die Tatsache, dass sie keine „einfache“ Ehefrau ist. Mittlerweile blickt Isabel Allende milde und lebenserfahren auf manche aus Liebe unüberlegten Torschlüsse vergangener Jahre zurück. Auch gedenkt sie dem frühen Tod ihrer geliebten Tochter Paula, den sie in dem 1994 erschienenen, international erfolgreichem gleichnamigen Erinnerungsbuch verarbeitet hat. Damit die „guten Hexen, die mit Entschlossenheit, Mitgefühl und guter Laune für ihre wirtschaftlicher Unabhängigkeit“ auch weiterhin kämpfen, hat die Autorin eine Sitftung aus den Erlösen des Buches „Paula“ gegründet, die an ihre Tochter erinnert und sich um besonders gefährdete Frauen und Mädchen in armen Ländern kümmert.
Die 1942 geborene Autorin präsentiert mit ihrem aktuellen Buch „Was wir Frauen wünschen“ kein außergewöhnliches Manifest zum Feminismus, wohl aber ein sehr persönliches wie kämpferisches Memoir, in dem sie sensibel und mit Humor ihre Haltung zur Weiblichkeit leidenschaftlich beschreibt und auf ihr damit verbundenes Leben mit all seinen Höhen und Tiefen zurückblickt. Dabei ist ihre Hoffnung, dass mit diesem Buch „die Töchter und Enkelinnen immer wieder ermutigt werden, die Arbeit, die ihre Mütter und Großmütter begonnen haben, mit Engagement fortzuführen“.
So sei es: Auf dass die guten Hexen weiterhin mit modernen Besen, leidenschaftlich, auch gerne mal provokant, aber immer mit Empathie, Humor und wirtschaftlicher Unabhängigkeit für ihre Rechte kämpfen!
Sabine Wagner