Aus dem boersenblatt.net vom 18.05.2021:
Nachdem die Nicht-Vergabe des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises an „Papierklavier“ bereits letzte Woche starken Gegenwind bekam, protestieren nun 222 Autor*innen und Illustrator*innen in einem Offenen Brief: Diese Entscheidung stelle die gesamte Glaubwürdigkeit des Preises in Frage.
Erst letzte Woche sorgte die Nicht-Vergabe des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises an „Papierklavier“ für Aufruhr: „Preisvergabe wegen Transgender-Figur gestoppt?“ Gestern meldeten sich auch AKJ und ajv zu Wort: „Ein Akt der Bevormundung“.
Nun beziehen auch 222 deutschsprachige Kinder- und Jugendbuchautor*innen und Illustrator*innen mit einem Offenen Brief Stellung zur Aussetzung der Verleihung des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises. Unter den Unterzeichner*innen finden sich unter anderem Isabel Abedi. Kirsten Boie, Anke Kuhl, Finn-Ole Heinrich und Paul Maar.
Initiiert wurde der Brief von den Spreeautorinnen Christiane Bartelsen, Lisa-Marie Dickreiter, Lena Hach, Maria Knissel, Maike Stein, Ruth Rahlff, Katharina Reschke und Tania Witte.
Der Offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Ständiger Rat,
mit Entsetzen und Unverständnis haben wir von Ihrer Entscheidung gelesen, dem Votum der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises nicht zu folgen und das für preiswürdig befundene Jugendbuch „Papierklavier“ nicht auszuzeichnen. Nicht genug damit: Das Buch wurde sogar von der Empfehlungsliste gestrichen. Und das, obwohl es wichtige Themen für Jugendliche behandelt, darunter Familie und Freundschaft, Empathie und Zusammenhalt, Armut und Tod, Erwachsenwerden und Sexualität und die Auseinandersetzung mit Schönheitsnormen und Geschlechterfragen (z.B. trans Sein). Diese intentionale Ausgrenzung wollen wir unterzeichnenden Autor*innen und Illustrator*innen nicht schweigend hinnehmen
Ihre Begründung, das Buch würde den Statuten des Preises nicht entsprechen, können wir nicht nachvollziehen, immerhin wurde es von einer zuvor eingesetzten Expert*innenjury nominiert –einer Jury, die nicht nur mit den Statuten des Preises bestens vertraut ist, sondern deren Expertise, auch im theologischen Sinne, wesentlich dazu beigetragen hat, den Preis zu einer hochkarätigen Auszeichnung im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur zu machen. Die Ablehnung der Jury-Entscheidung verweist auf ein fehlendes Vertrauen in jene Vertreter*innen kirchlicher Institutionen, die mit jungen Menschen arbeiten, ihre Lebenswelten und -realitäten, ihre Sorgen und Hoffnungen kennen. Die Jury kam zum Schluss, dass das Buch das Preiskriterium „beispielhaft und altersgemäß christliche Lebenshaltungen zu verdeutlichen“ erfüllt.
Die Ablehnung eines von der Expert*innenjury ausgewählten Buches stellt so die Glaubwürdigkeit dieses Preises zukünftig in Frage und beschädigt auch das Ansehen der ihn stiftenden Institution nachhaltig. Wir möchten Sie daher dringend bitten, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken und der Empfehlung der Jury zu folge.
Mit freundlichen Grüßen
Die unterzeichnenden Autor*innen und Illustrator*innen