Benedict Wells
diogenes, 24.07.2024
400 Seiten, € 26,00
Benedict Wells, 1984 in München geboren und heute in Zürich lebend, wusste schon sehr früh, was er wollte: Schreiben, respektive Bücher schreiben. Nach seinem Abitur ging Benedict nach Berlin, verdiente mit zahlreichen Nebenjobs seinen Unterhalt, um in der verbleibenden Zeit mit einem unbedingten Willen seiner Liebe und Leidenschaft, dem Schreiben nachzugehen. Sein erstes (und auch verfilmtes) Buch „Becks letzter Sommer“ erschien 2008, gefolgt von „Spinner“ im Jahr 2009 und „Fast genial“ im Jahr 2011. Seinen Durchbruch hatte Benedict Wells 2016 mit „Vom Ende der Einsamkeit“ und 2021 mit „Hard Land“. Vor allem die beiden letzten Romane erhielten von Literaturkritker*innen ausgezeichnete Besprechungen – und auch ich war begeistert von diesen Büchern. Alle Bücher von Benedict Wells sind im Diogenes Verlag erschienen, was eine besondere Auszeichnung für den jungen Autor bedeutet. Warum das so ist, erfährt man im vorliegenden Buch.
Wie schwer allerdings der Anfang war, warum man mit dem Schreiben beginnt und was einen hält, nicht aufzuhören, besonders dann nicht, wenn man Tiefschläge erlebt, beschreibt Benedict Wells im ersten Teil seines Buches.
Im zweiten Teil geht es darum, wie ein Roman entsteht, vom ersten Funken, dem Aufschreiben bis zu den manchmal endlosen Überarbeitungen. Neben den Werkzeugen zum Überarbeiten einer Geschichte erzählt der talentierte Autor auch wie Sprache, Charaktere, der Einstieg, Details und doppelte Schleifen, Dialoge, Erzählperspektive, Timing und Balance, Platzhalter und Brüche sowie das Verdichten (und vieles mehr) in perfekter Harmonie einen großartigen Roman ergeben können und das zeigt er auch mit diversen Beispielen zahlreicher anderer Schriftsteller*innen.
Darüber hinaus weiß Benedict Wells unterhaltsam wie aufschlussreich über das Nichtschreiben, den „Schattenkünstler“, über das Durchhalten und Kämpfen gegen die Angst vor und während des Schreibens zu berichten. „Show up to work“ zieht sich als Leitfaden durch sein Buch über die Faszination, Leichtigkeit und Schwere des Schreibens, in dem der talentierte Autor auch Einblicke über sein persönliches Ringen und Kämpfen beim Schreiben wie auch in sein Privat- und Familienleben gewährt.
Abschließend gibt der Autor Einblick in seine Schreib-Werkstatt, in der man die Entwicklung der frühen Fassung vom „Ende der Einsamkeit“ und die Zwischenfassung vom „Hard Land“ nachlesen kann.
Sehr persönlich, humorvoll präsentiert Benedict Wells ein klares wie leidenschaftliches Plädoyer für das Schreiben und fächert dabei einen breiten Bogen auf zwischen Leiden und Liebe, Handwerkzeug und Talent und dem unbedingten Willen, den es dafür braucht.
Ein Hinweis: Bei dem mir vom Verlag zur Verfügung gestellten E-Book fehlen die zahlreichen Fußnoten, die im Hardcover enthaltenen zusätzlichen wertvollen Informationen und Ergänzungen.
Es ist wunderbar, dass Benedict Wells nie aufgegeben hat, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Die Entwicklung seines Talents und Umsetzung der Handwerkzeuge kann man in der Reihenfolge seiner erschienenen Romane lesen. Für jeden, der sich für Literatur und das Schreiben interessiert, ein wunderbarer und inhaltsreicher Lesegenuss.
Und wie könnte man es schöner als Benedict Wells in seinem eigenen Ton ausdrücken:
„Wir brauchen die Geschichten in uns, aber auch die von anderen, weil wir in ihnen unser Menschsein erkennen; das Vertraute und das Fremde, das Gute und die Abgründe.“
(Seite 344)
Ein schönes Cover im „Diogenes-Stil“ rundet das Buch perfekt ab.
Sabine Wagner