Wilhelms Reise – Eine Auswandergeschichte

 

Anke Bär

Gerstenberg, Januar 2012

64 Seiten, €  14,95

ab 8 Jahre

 

 

Inhalt:

Wilhelm aus dem Spessart reist mit 15 Jahren 1872 von Bremerhaven mit dem großen Segelschiff „Columbia“ nach New York. Da er aus einer armen Bauersfamilie stammt und mit dem Lohn als gelernter Schnitzer und Bildhauer kaum überleben kann, schließt sich Wilhelm einem Auswanderertreck an, um im fernen Amerika ein neues und besseres Leben zu beginnen. Dafür muss er seine geliebte Familie schon früh verlassen und geht ganz alleine auf die lange Reise ins Ungewisse. Das Geld für die Überfahrt hat er aus der Armenkasse der Gemeinde bekommen, denn weder er noch seine Familie haben dafür Ersparnisse. Bevor es losgeht bekommt Wilhelm von seinem Werkstattleiter aus der Schnitzschule, der ihm auch lesen und schreiben beigebracht hat, ein Skizzenbuch geschenkt. In diesem Buch hält Wilhelm seine Eindrücke von seiner Überfahrt fest, die wir nun in diesem reichhaltigen Bilderbuch nachlesen und anschauen können.

Rezension:

Auswandern ist ein Thema, dem man immer wieder begegnet, auch wenn man heute nicht unbedingt aus wirtschaftlicher Not heraus das Leben auf einem völlig anderen Kontinent neu beginnen muss. Wenn man in diverse Ahnengalerien schaut, weiß man, dass viele Vorfahren nach Amerika ausgewandert sind, denn nicht wenige US-Bürger haben nachweisbar deutsche Wurzeln. So tritt auch Wilhelm diese Reise an, der mit Hilfe seines Skizzenbuches seine Eindrücke während seiner Überfahrt mit dem großen Windjammer festhält. Anke Bär hat ein wunderschönes historisches Sachbilderbuch gestaltet, in dem sie durch Wilhelm erzählen lässt, warum im 19. Jahrhundert die ersten Menschen ausgewandert sind, um überleben zu können. Wie schwer dieser Weg gewesen sein muss,  zu Fuß, mit Kutschen oder mit der Eisenbahn bis zu einem großen Hafen mit seinem bunten Treiben, wird in kurzen, klaren Sätzen geschildert. Zahlreiche schwarz-weiß und bunte Skizzen geben einen lebhaften und detailreichen Einblick in das Leben damals. So lernt man das Innenleben des großen Segelschiffes „Columbia“ kennen, die genauen Bezeichnungen der Segel und auch die wichtigsten Seemansknoten. Aber auch die Tücken der Seekrankheit, unter der viele Menschen lange leiden mussten oder der Schmutz und Gestank an Bord durch die vielen Menschen auf engstem Raum, ohne den für uns selbstverständlichen Zugriff auf Dusche und WC , wird nachvollziehbar, ja man möchte nachvollriechbar sagen, beschrieben. Dass es auch blinde Passagiere in Form von Läusen, Flöhen und anderem Getier gab, ist nicht verwunderlich. Aber auch faszinierende Erlebnisse, wie ein leuchtendes Meer oder wunderschöne Fische haben Wilhelm auf seiner Reise beeindruckt. Aber nicht alles war gut, als man in der neuen Welt angekommen war. Auf die Menschen wartete eine tagelange Prozedur mit immer schlimmer werdenden Einreisebestimmungen und noch lange nicht alle Einreisewilligen durften tatsächlich auch das neue Land betreten. Eine andere Schattenseite sind die Heimkehrer, die nicht das erhoffte Glück in Amerika gefunden haben und enttäuscht wieder die lange Heimreise angetreten haben.

Ein kindgerechter Ausflug in die Zeit des 19. Jahrhunderts, die von Hunger, Armut und dem Mut einen Neubeginn in einem unbekannten Land erzählt. Viele detailreiche Zeichnungen mit kurzen, verständlichen Texten geben einen interessanten Einblick in die alles andere als einfache Überfahrt eines gerade mal 15-jährigen Jungen, der seine Familie und sein Heimatland hinter sich lässt, um die Neue Welt zu sehen.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

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