Goodbye Uroma

 

 

Eli Rygg

Aus dem Norwegischen von Nina Hoyer

Gerstenberg, Januar 2012

224 Seiten, € 12,95

ab 9 Jahre

Inhalt:

Mikaels Oma ist 92 Jahre alt als sie beschließt, am 14. September zu sterben. Da sie trotz ihres hohen Alters eine sehr agile, jung gebliebene und lebensfrohe Dame geblieben ist, möchte sie dieses wichtige Ereignis natürlich nicht alleine angehen. Daher lädt sie per Mail ihre Verwandte und Freunde ein, im Rahmen eines großen Familienfestes ihren Lebensabschluss würdig, aber dennoch mit sehr viel Spaß zu feiern. Auch wenn ihr Urenkel Mikael alles andere als begeistert ist, dass Uroma vorhat zu sterben, bekommt er mit ihrer Unterstützung die nötige Zeit, sich mit der Tatsache anzufreunden. Sie setzt sogar durch, dass er für 14 Tage von der Schule befreit wird. In dieser Zeit ist Mikael ihr Assistent bei den Vorbereitungen für ihre Trauerfeierlichkeiten. So begleitet er sie beim Stoffkauf für das Leichenhemd, beim Aussuchen des Sarges, der nach Hause zum Probeliegen beordert wird und ist bei der nicht ganz so einfachen Besprechung mit dem Pfarrer dabei, bei der Uroma ihre so ganz und gar unkonventionelle Vorstellungen ihrer Beerdiungsfeier durchsetzt. Hin und hergerissen ist Mikael, als Uroma ihn zu einer letzten großen abenteuerlichen Fahrt mit einem richtigen U-Boot einlädt. Als der 14. September da ist, versammeln sich Familie und Freunde. Doch wer Uroma kennt weiß, dass sie immer für Überraschungen gut ist – denn eine Sache hat sie immer noch nicht geklärt.

Rezension:

Die Themen rund um Tod und Sterben gehören bekanntlich zu denen, um die wir uns gerne drücken. Meist fällt es uns schwer, sich mit dem eigenen Tod und der Sterblichkeit auseinander zu setzen, offen und unbefangen darüber zu reden. Wenn dann noch Kinder neugierige Fragen stellen, ist die Gefahr groß, sich in philosophische Allgemeinheiten zu verstricken. Dazu liegt über diese Thematik stets eine schwermütige und traurige Atmosphäre, weil es nun einmal Tatsache ist, solange keiner wiederkehrt und uns eines Besseren belehrt, ist der Verstorbene zumindest körperlich nicht mehr in unserer Mitte. Mikaels Uroma zeigt bei diesem diffizilem Thema ganz eigensinnig und völlig unkonventionell, dass man den (eigenen) Tod und den Akt des Sterbens mit einer ganz und gar leichten und heiteren Note versehen kann. Es ist eben alles eine Frage der Einstellung. Natürlich fällt diese 92-jährige mit ihrer junggebliebenen, schwungvollen Lebensweise aus dem Rahmen: Sie fährt, wenn auch waghalsig, noch selber Auto, ist geistig topfit, für vieles noch offen und interessiert. Uroma hat einen sturen Kopf, ist unerbittlich und setzt sich mit unglaublich liebenswertem Charme beharrlich durch. Eigentlich gibt es solche (Ur-)Omas im wirklichen Leben nicht. Denn welche Großmutter kämpft ihren Enkel für zwei Wochen aus dem Schulbetrieb heraus, damit er als Assistent für die eigene Trauerfeierlichkeit hilft? Oder kennen sie eine Oma, die einen Sarg zum Probeliegen nach Hause transportieren lässt, dessen Innenausstattung farblich zum knallbunten Leichenhemd passen muss? Die während der Trauerzeremonie das rockige Lied „Return to sender“ von Elvis Presley gespielt haben möchte? Oder die gerne bunte Luftballons am Auto befestigt haben möchte, der den Sarg in die Kirche und zum Friedhof überführt? Der Autorin ist es mit ihren skurrilen, schrägen Einfällen gelungen, das mit vielen Tabus behaftete Thema mit einer heiteren Leichtigkeit zu verpacken, ohne es aber lächerlich und ad absurdum zu führen. Mikael lernt in Gesprächen mit seiner Uroma ganz nebenbei, dass man das Leben genießen soll, auch wenn das manchmal nicht so einfach ist. Aber jeder Tag kann ein Glückstag sein, nicht nur, wenn er mit Lachen und Leichtigkeit gefüllt ist sondern auch dann, wenn einmal Kummer und Tränen regieren. Das letzte große Abenteuer der Uroma, ein Tauchgang in einem U-Boot, wird zu langatmig und detailreich ausgeschmückt. Hier hätte man deutlich straffen können und sich statt dessen über weitere heitere, leichte und dennoch kluge Gespräche zwischen Uroma und Mikael gefreut. Denn neben den verrückten Einfällen der Oma geben die leisen, weisen Unterhaltungen mit ihrem Urenkel der Geschichte den eigentlichen Reiz. Natürlich ist man gespannt, ob es die alte Dame mit ihrer bezaubernden Beharrlichkeit tatsächlich schafft, am 14. September im probegelegenen und gemütlich eingerichteten Sarg friedlich (!) einzuschlafen. Aber das funktioniert nur dann, wenn man zu Lebzeiten alle Missstände ausgeräumt hat und sich mit allen Menschen ausgesprochen hat. Auch das gibt uns die Uroma mit auf den Weg und entgeht somit einem kitschigem Ende, das auch gar nicht zu ihr gepasst hätte. Wenn man das Buch aus der Hand legt, ist man ein wenig zwiegespalten. Einerseits ist man traurig, weil die alte Dame tatsächlich eingeschlafen ist, andererseits freut man sich, sie kennengelernt zu haben und, wie ihr Urenkel Mikael, einiges von ihr auf heitere, leichte Weise gelernt zu haben: Das Leben zu genießen und wenn noch irgend ein Stein auf der Seele liegt, ihn beizeiten wegzuräumen und nicht aufzuschieben. Es ist eben doch alles eine Frage der Einstellung, auch wie man stirbt. Schade, dass es solche (Ur-)Omas nicht im wirklichen Leben gibt…

Sabine Hoß

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