Interview mit Cornelia Funke in der Bonner Oper im Rahmen des rheinischen Lesefestes „Käptn`n Book“ am 10.11.2016 zu „Die Feder eines Greifs“

Cornelia Funke mit Käpt`n Book in der Bonner Oper

Cornelia Funke mit Käpt`n Book in der Bonner Oper (Foto (c) Sabine Hoß

 

Käpt`n Book ist ein rheinisches Lesefest für Kinder und junge Erwachsene, das in diesem Jahr mit 25 Partner und 55 Autorinnen und Autoren startete.

Die Lesung von „Die Feder eines Greifs“ war restlos ausverkauft, wie ebenso alle anderen 529 Leseveranstaltungen, was die magische Anziehungskraft des vorgelesenen Wortes auf Kinder, Jugendliche wie auch Erwachsene beweist. Die Veranstalter hatten als Highlight Cornelia Funke und Rainer Strecker für eine Lesung gewinnen können.

Knapp zehn ausgesuchte Journalisten verschiedener Zeitungen, Funk und Fernsehen erwarteten Cornelia Funke im Foyer der Bonner Oper um 13:45 Uhr zu einem 15-Minütigen Roundtable, zu der auch mich der Dressler Verlag eingeladen hatte. Da die Autorin sehr viel unterwegs ist und wahrscheinlich nächstes Jahr nicht nach Deutschland kommt, war das ein wunderbarer Anlass für mich, ihr einmal persönlich zu begegnen.

Nach einem verhaltenen Start der Journalistenrunde stellte ich die erste Frage, in der es um begrabene Träume ging.

In ihrem neuen Buch denkt Ben „Vielleicht muss man Träume begraben, damit sie wahr werden.“

Gibt bzw. gab es auch bei Ihnen Träume, die begraben wurden und sich dann doch irgendwann erfüllt haben, außer dem weltweiten Erfolg als Schriftstellerin?

Auf diese Frage reagiert Cornelia Funke zunächst zögerlich. „Die gibt es absolut, ja“, antwortete sie. „Es ist allerdings auch eine sehr private Frage. Beantworte ich sie jetzt oder nicht?“ Nach einem Griff zum Wasserglas erklärte die Autorin: „Nach dem Tod meines Mannes und nachdem ich zehn Jahre alleine war, begräbt man wahrscheinlich irgendwann das Gefühl, dass man sich noch einmal verliebt und das ist mir dann eben doch passiert. Das wusste ich aber noch nicht, als ich das Buch geschrieben habe.“

Eine sympathisch ehrliche private Antwort auf eine allgemein gestellte Frage.

Auf meine Frage, ob auch in Zukunft die Kraft und Magie „richtiger“ Bücher bestehen bleibt oder dass e-books etc. zukünftig das Lesen bestimmen, antwortete Cornelia Funke, dass sie überhaupt keinen Zweifel an die Anziehungskraft der haptischen Bücher hat, was auch Leseveranstaltungen wie die im Rahmen von Käpt`n Book beweisen. „Ich sehe das überall auf sehr vielen Literaturfestivals in der Welt. Ich  habe es gerade in Indien gesehen, Neuseeland, Australien. Die Leseleidenschaft, die natürlich auch in Schulen und vom Elternhaus gefördert werden muss, gibt es überall. Ich glaube auch, dass die Erwachsenen nur sagen, die Kinder lesen nicht, weil sie selber nicht mehr lesen. Aber wir haben auch noch andere Sorgen, als das Problem, dass die Kinder nicht mehr lesen. Denn wenn Kinder in inzwischen zehn bis zwölf Stunden Schule ertrinken, ist das ein viel dramatischeres Problem.“

Da Cornelia Funke seit zehn Jahren in Kalifornien lebt, stellte eine Kollegin die Frage, wie der Wahlsieg von Donald Trump auf sie gewirkt hat. „Ich wäre schon gerne gestern in Amerika gewesen“, gab Cornelia Funke zu. „Es war ein sehr seltsames Gefühl hier zu sein und die Nachrichten von allen Freunden zu bekommen. Die Organisationen, mit denen ich in den USA arbeite, wie die Umweltschutzorganisationen haben Gott sei Dank alle so reagiert, wie ich gehofft hatte, nämlich auf rebellische Weise. Ich habe mich gefreut, dass gestern einiges auf den Straßen stattgefunden hat und ich glaube, dass die Möglichkeit besteht, dass Amerika das hoffentlich auch als Chance begreifen wird, gerade jetzt zu verstehen, dass Demokratie sehr viel Arbeit erfordert. Und dass uns das im Grunde klar macht, dass Unaufgeklärtheit, das Schüren von Angst immer noch fantastisch funktioniert die Rechten zu stärken. Aber das sehen wir ja in Europa auch. Das ist leider im Moment überall in der Welt zu beobachten. Von daher war es leider keine so große Überraschung, da Amerika in dieser Hinsicht auch ein Teil der Welt ist.“

Darauf wollte ein Kollege wissen, welche Figur Donald Trump in einer ihrer Bücher sein würde, worauf Cornelia Funke augenzwinkernd schlagfertig antwortete: „Der ist viel zu zweidimensional, den würde ich nie benutzen. Das würde mich zu Tode langweilen über den zu schreiben.“

Die Autorin hat in den USA einen kleinen Verlag für eigene Texte mit Illustrationen und in Deutschland den Hörbuchverlag „Breathing Books/Atmende Bücher“ gegründet. Auf meine Frage, wie es dazu kam, antwortete Cornelia Funke:

„In Amerika kam es im Grunde dazu, ungewöhnliche Projekte zu machen, ohne dass mit Verlagen diskutieren zu müssen. Aber auch aus der Zusammenarbeit mit Matthew Callan, einem Musikvideoregisseur, dass ich einfach Lust habe, auch immer mehr als Illustrator die Bücher zu gestalten. Hier in Deutschland kam es auch aus der Zusammenarbeit mit Eudardo Garcia und German Wahnsinn, mit denen ich seit Jahren für die Bühnenshows zusammenarbeite und mit denen ich Lust hatte, ein Hörbuch zu machen, dass ein wenig Kino für die Ohren ist, also auch mit Geräuschen zu arbeiten. Wir hatten das schon an Kurzgeschichten ausprobiert und waren so glücklich über das Ergebnis, dass wir gesagt haben, wir machen das doch einfach mal. Gerade jetzt bin ich in der privilegierten Position, dass ich es mir leisten kann, auch ungewöhnliche Projekte zu machen und künstlerisch immer unabhängiger zu arbeiten und das möchte ich auch einfach ausschöpfen.“

Eine Kollegin wollte wissen, wie die Vorbereitung mit Rainer Strecker für die gemeinsamen Lesungen laufen, worauf Cornelia Funke antwortete: „Über Skype. Dann treffen wir uns natürlich auch noch einmal vorher, um gemeinsam zu üben, aber überwiegend über Skype. Da wir seit 15 Jahren gemeinsam lesen, ist es ganz schön zu sehen, wie selbstverständlich das funktioniert.“

Zum Schluss wollte ich von der Schriftstellerin wissen, wie die Arbeit Text und Illustration verläuft, parallel oder zuerst mit dem Text oder der Zeichnung.  „Das läuft inzwischen sehr parallel. Ich schreibe (die erste Version) zuerst mit der Hand. Ich mache zuerst oft Skizzen für Charaktere und schreibe dann über sie. Das heißt inzwischen wird es immer mehr so, dass die Illustration auch zuerst kommt, als Vorbereitung. Bei „Der Feder eines Geifs“ habe ich zuerst die ganzen Affen und die ganzen Tiere gezeichnet, um mich darauf einzustellen, wie sie aussehen und dann habe ich über sie geschrieben.“

Und ja, es wird eine weitere Fortsetzung geben, „wenn ich nicht vorher Tod umfalle“, wie Cornelia Funke augenzwinkernd sagte.

Leider gab es nach dem kurzen Roundtable für die Journalisten nicht die Möglichkeit ein Autogramm zu bekommen, da die Autorin in einem engen Zeitkorsett weiter musste.

Später fand die kurzweilige, mitreißende Lesung mit Rainer Strecker statt, bei der Cornelia Funke sich die Zeit nahm, viele Fragen von Kinder- und Jugendlichen mit sympathischer, authentischer Offenheit  zu beantworten.

Am Ende der Lesung warteten hunderte von Funke-Fans auf ein Autogramm in „Die Feder eines Greifs“.

Ganz herzlich möchte ich mich noch einmal beim Dressler Verlag, Frau Judith Kaiser, für die Einladung zu diesem tollen Roundtable bedanken!!!

Sabine Hoß

 

 

 

 

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