Interview mit Hubertus Meyer-Burckhardt

1956 in Kassel geboren wusste Hubertus Meyer-Burckhardt schon mit fünfzehn Jahren, dass er mal „irgendetwas mit Unterhaltung“ machen wollte. Er besuchte die Hochschule für  Fernsehen und Film in München,  wurde TV-Produzent und gründete 1992 als geschäftsführender Gesellschafter die Akzente Film & Fernsehproduktion GmbH. Von 1999 bis 2001 war er Vorsitzender der Geschäftsführung der Multimedia Film- und Fernsehproduktion GmbH. Ebenso war Hubertus Meyer-Burckhardt Mitglied des Vorstands der Axel Springer AG und wechselte zum 01. Juli 2004 vom Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media AG in deren Vorstand. Seit 2007 ist er Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, wo er auch lebt.

Einem breiten Publikum ist er als Gastgeber der NDR-Talkshow bekannt (1994 – 2001, 2008 bis heute), gemeinsam mit Barbara Schöneberger. 2011 erschien sein erster Roman „die Kündigung“.

Zu seinem aktuellen Buch habe ich den Fernsehproduzent, Schauspieler, Journalist, Manager – und Schriftsteller philosophisch-heitere Fragen über kleine Geschichten des Lebens und der großen Liebe gestellt.

Hubertus Meyer-Burckhardt (Foto (c) Olivier Favre)

Hubertus Meyer-Burckhardt (Foto (c) Olivier Favre)

Man soll nicht auf die (große) Liebe warten oder hoffen, weil sie dann sowieso nicht erscheint. Meist kommt sie dann, wenn man überhaupt nicht damit rechnet oder darauf eingestellt ist – So eine Aussage aus Ihrem Buch.

Wie betrachten Sie denn die Liebe, Beziehungen über die zahlreichen Online-Partnerplattformen, die ja schon eher etwas zielgerichtet orientiert sind?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Man kann keinen Geschäftsfreund haben. Entweder man betreibt zielgerichtet ein Geschäft oder man pflegt eine Freundschaft, die sich selbst genügt und in dem Sinne keinen Nutzen hat. So verhält es sich auch mit der Liebe: man kann keine Liebe auf einer Speisekarte bestellen. Das aufeinander Treffen von Mensch birgt immer auch das Risiko des nicht – Verstehens. Ich habe wunderbare und zauberhafte Frauen getroffen, kluge und humorvolle Gespräche geführt und dennoch ging man wieder auseinander. Mal heiter, mal melancholisch.

Glauben Sie an die (große) Liebe auf den ersten Blick, die auf beiden Seiten gleichzeitig und intensiv einschlägt?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ich glaube an die Faszination auf den ersten Blick aber nicht auf die Liebe….die Kennen voraussetzt. Man kann nur einen Menschen lieben, den man kennt.

Sehen Sie es auch so, dass in jeder Beziehung immer eine/r mehr liebt, mehr gibt als der andere?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Nein, das sehe ich nicht so.  Eine wirklich große Liebe ist auf Augenhöhe. Eine kleine Liebe vielleicht nicht. Das mag sein.

Sie zitieren in Ihrer Geschichte Albert Camus, „dass ihm zufolge der Sinn des Existenzialismus sei, den Menschen zu sich selber zu führen, auch wenn es  sich danach als Irrtum erweise.“

Wie kann es ein Irrtum sein, wenn man zu sich selber findet?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Camus appelliert ja mit seinem Satz an die Authentizität. Sei Du selbst, auch wenn es strategisch nicht klug sein mag. Wer zuletzt lacht, lacht eben nicht unbedingt am besten.

Haben Sie auch den Eindruck, dass die Menschen in unserer heutigen schnelllebigen Ellenbogengesellschaft zwar immer mehr das persönliche Ego fokussieren, aber immer weniger daran interessiert sind, auf sich selbst zu achten, was ein großer Unterschied ist?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Schwierig zu beantworten. Ich glaube es dreht sich gerade. Die Menschen merken, dass du Geld nicht essen kannst und Seelenheil nicht von der Menge der Facebook Freunde abhängt. Vielleicht gehen wir auf eine neue „Wesentlichkeit“ zu.

Ist diese Suche und der Wille nach dem Finden eine Frage der Reife, des Alters?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ja. Aus meiner Sicht ja. Je älter ich werde um so weniger möchte ich finden. Und je weniger ich finden möchte umso mehr geschieht es. Ich habe weniger Erwartungen als vor 20 Jahren. Das ist wunderbar.

Glauben Sie, dass man der wirklichen, großen Liebe des Lebens erst jenseits der „40“ begegnet?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Die große Liebe passiert Dir dann vielleicht, wenn Du weißt wer du bist. Kann dauern ist aber Unabhängig vom Alter.

Was machen Männer und Frauen bis Mitte 40/50  denn Ihrer Meinung nach falsch, wenn ihre Beziehungen früher oder später immer wieder scheitern?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Man macht nichts falsch, wenn eine Liebe scheitert. Alles hat seine Zeit und eine Liebe wird nicht dadurch besser, dass sie lange dauert.  Und das Wort scheitern ist mir zu schuldbelastet. Manches findet von selbst ein Ende.

Macht Mann/Frau etwas falsch, die sich im „Leerlauf-Seelenheil“ eingefunden hat, wenn die große Liebe dann aber doch bis zum Ende nicht ins Leben tritt?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Man sollte ein erotisches Verhältnis zu allein sein haben. Nur dann kann man sich öffnen. Sich anlehnen muss nicht Liebe sein. Und man sollte sich keine Liebe zu einem Menschen einreden. Die Versuchung ist groß, denn niemand wird dich je so betrügen, wie du selbst imstande bist dich zu betrügen.

Sie sind beruflich viel unterwegs. Würden Sie sich aber auch, wie Ihr Protagonist Simon Kanstatt, auf eine Wanderschaft begeben, um sich selber und auch der Partnerin Zeit zu geben, sich auf die neue Beziehung, der offenbar großen Liebe des Lebens einzulassen?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ja. Das würde ich tun. Langsame Annäherung ist spannend, kontemplativ und gibt dem anderen bzw der Anderen die Möglichkeit zum Atmen. Aber ich gebe zu, dass ich wahnsinnig gern unterwegs bin. So auch jetzt gerade im ICE zwischen Frankfurt und Hamburg.

Haben Sie Ihre große Liebe des Lebens auch jenseits der 40/50 gefunden oder befinden Sie sich noch auf dem Weg dorthin?

Oder sind Sie bereits seit vielen Jahren glücklich mit ihr zusammen?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ich habe die größte Liebe meines Lebens gefunden als ich sie nicht finden wollte, damit nicht habe rechnen können und vor allen Dingen darauf auch gar keinen Wert gelegt habe. Und dann kam sie dennoch. Alle Abwehrstrategien waren umsonst. Ich war 56.

Als  Mann schreibend lassen Sie Ihre Protagonistin Susan herablassend über die sicher mit Plattidtüden- und Klischee besetzte, heiter unterhaltende Frauenliteratur , wie die von Ihnen in Ihrer Geschichte zitierte Ildikó von Kürthy („Nur schlafende Frauen sind zufrieden“) nachdenken.

Warum?

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ich mag Ildiko wahnsinnig gern und schätze sie sehr. Die Protagonistin führt ein Selbstgespräch. Mehr nicht.

Und auch für Sie die letzten drei Bücher leben!-Fragen:

Wann schreiben Sie? (morgens, mittags, abends, immer)

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Ich schreibe immer, lieber allerdings nachts und im ICE oder auf Langstreckenflügen.

Wie schreiben Sie? (per Hand, Laptop, PC)

Hubertus Meyer-Burckhardt:

Mal mit PC oder Tablet oder mit Stift und Kladde oder mit Diktiergerät. Ich schreibe anarchisch.

Wo schreiben Sie? (Arbeitszimmer, Küchentisch, Baumhaus, überall)

Hubertus Meyer-Burckhardt:

… im ICE oder auf Langstreckenflügen…

Sabine Hoß

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