Martin Schäuble, Jahrgang 1978, ist promovierter Politologe und beschäftigt sich als Sachbuchautor vornehmlich mit den Themen Politik, Kultur und Religion in ihren radikalen Formen
Durch sein mehrfach ausgezeichnetes Buch zum Nahost-Konflikt „Black Box Dschihad“ (dtv, 2011) wurde er einer breiten Leserschaft bekannt. Für die Recherchearbeiten seiner Bücher („Zwischen den Grenzen“, Hanser, „Die Geschichte der Israelis und Palästinenser“, dtv) reist Martin Schäuble, wann immer es geht, in die Länder, an die Orte, über die er schreiben wird. Er kann so direkte Zeitzeugengespräche führen und herausfinden, wie Lebensläufe sich in ihrer Radikalität entwickeln.
Darüber hinaus ist er auch ein Romanautor und verarbeitet hierbei all die Eindrücke, die ihm auf seinen Reisen, Recherchen oder im Alltag begegnen.
Zu seinem aktuellen Science-Fiction-Roman „Die Scanner“ freut sich „Bücher leben!“, dem sympathischen Autor ein paar Fragen stellen zu können:
Ein herzlicher Gruß in die weite Welt – von wo aus antworten Sie aktuell dieses Interview?
Martin Schäuble:
Ich lebe in der Nähe von Ramallah, gerade antworte ich Ihnen mit Blick auf einen Zitronenbaum.
Warum sind Sie gerade dort, dürfen Sie, mögen Sie verraten, für welches Buchprojekt Sie hier recherchieren?
Martin Schäuble:
Nach zwei Neuerscheinungen – also das Sachbuch bei Carl Hanser, der Roman bei S. Fischer – ist der Kopf noch voll mit den Erlebnissen aus diesen Büchern. Doch ich sammle fleißig.
Wie ist die Lage vor Ort?
Gibt es Einschränkungen, auf die man sich einlassen muss, wenn man sich mit Kind und Kegel dort längere Zeit aufhält?
Martin Schäuble:
Gerade entspannt. Spielregeln muss man einhalten, überall würde ich nicht mit der Familie sein. Wir fühlen uns sicher und wohl. Wir bereisen die Region seit einigen Jahren und gute Freundinnen und Freunde sind ja die beste Reiseversicherung.
Haben Sie manchmal Angst vor unvorhersehbaren, politischen Entwicklungen oder Eskalation?
Martin Schäuble:
Keine Angst. Doch wir verfolgen die politische Entwicklung aufmerksam.
Nun zu Ihrem aktuellen Buch bei Fischer, „Die Scanner“. Was war der Auslöser für dieses Buch?
Martin Schäuble:
Einen richtigen Auslöser kann ich nicht benennen. Aber ich interessiere mich sehr für Dystopien. Und die Entwicklungen auf dem Buchmarkt lassen ja keine rosigen Zukunftsaussichten zu.
Manche visionären Entwicklungen scheinen gar nicht so übertrieben, auch wenn sie durchaus beklemmend sind.
Befürchten Sie in der Zukunft diese Kontrolle und Macht eines globalen Netzkonzerns?
Martin Schäuble:
Robert M. Sonntag, der Autor des Buches, der sagt ja. Er hat es ja nicht anders erlebt. Er schreibt aus der Zukunft und warnt vor den Entwicklungen, die dorthin geführt haben.
Als Journalist und Autor gehört das Internet sicher auch für Sie zu einem ganz selbstverständlichem Arbeitsinstrument.
Wie ist Ihre persönliche Einstellung zu den „social networks“ wie facebook oder „twittern“?
Martin Schäuble:
Als Journalist lernt ich vor allem eine Sache sehr gut. Die spannenden Geschichten, die lassen sich nicht googeln. Von ihnen erfährt man nur draußen, im echten Leben. Bei den Recherchen zu „Black Box Dschihad“ war das sehr deutlich. Über soziale Netzwerke fand ich keine Antworten, doch die Menschen, die ich „in echt“ besuchte, die halfen mir sehr.
Ich hatte den Eindruck beim Lesen, dass die Menschen in gut zwanzig Jahren zwar permanent kommunizieren und berieselt werden (Mobril), aber eine nachhallende Unterhaltung nicht mehr möglich ist.
Glauben Sie, dass wir dafür wirklich noch zwanzig Jahre brauchen oder ist das nicht auch heute schon festzustellen?
Martin Schäuble:
Ich will kein Pädagoge sein. Das macht ja schon Arne Bergmann im Roman. Wohl ist aber die Welt von Robert M. Sonntag unserer Welt gar nicht mehr so fern.
Mit welchen Gedanken soll der Leser das Buch am Schluss zuklappen?
Martin Schäuble:
Da will ich nichts vorgeben. Das Buch lädt dazu ein, sich manche Entwicklungen kritischer anzuschauen. Aber wer sich einfach nur unterhalten lassen möchte, der ist auch eingeladen. Und ich hoffe, er wird auch nicht enttäuscht sein.
Warum haben Sie dieses Buch nicht unter Ihrem eigenen Namen veröffentlicht sondern das Pseudonym des Erzählers Rob gewählt?
Martin Schäuble:
Die Antwort ergibt sich aus dem Ende des Buches, da möchte ich nicht zu viel vorweg nehmen. Mir war wichtig, dass es eine geschlossene Geschichte ist, die Geschichte von Robert M. Sonntag aufgeschrieben. Kein Roman von Martin Schäuble, dem Sachbuch-Autor, der macht ja andere Sachen.
Diesem Buch ist eine leidenschaftliche Hingabe zu haptischen Büchern und der ganzen Bücherwelt zu entnehmen. Hier werden nicht nur die Autoren sondern auch die Übersetzer, die „richtigen“ Buchagenten, Verlage usw. in Erinnerung gerufen.
E-book reader und ebooks setzen sich immer mehr durch – sind sie für Sie persönlich ein Tabu oder besitzen sie ein solches elektronisches Lesegerät? (oder tablet-PC, damit geht das elektronische Lesen ja auch.)
Martin Schäuble:
Nein, zu unpraktisch finde ich. Und das Eintauchen in ein Buch, das gelingt mir besser, wenn ich es nur für mich habe. Bei E-Book-Readern liest man ja nicht einmal alleine, es wird abgespeichert, was ich lese und wie schnell ich lese… da sind wir fast schon 2035 angekommen.
Und jetzt auch für Sie die „berühmten“ drei „Bücher leben!“ -Abschlussfragen:
Wann schreiben Sie? (Morgens, mittags, abends, immer)
Martin Schäuble:
Immer wieder. Schon aber etwas geplant, damit Geschichten auch ihr Ende finden.
Wie schreiben Sie? (per Hand, Laptop, PC)
Martin Schäuble:
Laptop.
Wo schreiben Sie? (Arbeitszimmer, Küchentisch, Baumhaus, überall)
Martin Schäuble:
Abends im Garten, in Hotelzimmern, im Arbeitszimmer, eigentlich überall.
Sabine Hoß