Vor kurzem habe ich das Buch „Block 77“ von Sabrina Schellhoff aus dem BVK-Verlag vorgestellt. (Der Link zur Besprechung ist hier: ) Als sie das Buch geschrieben hat, war die Autorin erst 15 Jahre alt bzw. jung. Da die sympathische und aufgeschlossene Sabrina nur wenige Kilometer von mir entfernt wohnt, habe ich die Gelegenheit genutzt und die mittlerweile 18-jährige, die nächstes Jahr Abitur macht (sie gehört noch zu den glücklichen Schülern, die von G8 nicht betroffen sind), zu ihrem Buch und ihrem Leben zwischen den Seiten befragt.
Während andere Mädchen mit 15 Jahren über Liebe, Freundschaften, Pferde oder Fantasyabenteuer schreiben, hast Du Dir ein ganz besonderes Thema ausgesucht: eine kritische Geschichte im sozialen Brennpunkt. Warum ausgerechnet diese Geschichte – Wie bist Du auf dieses Thema gekommen? Sabrina Schellhoff antwortete mit einem Schmunzeln: „Das ist direkt eine schöne und schwierige Frage am Anfang. Keine Ahnung, wie ich auf dieses Thema gekommen bin. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Ich kann sagen, wie ich auf andere Themen komme: Ich beobachte ganz verschiedene Leute, die mich zu Geschichten inspirieren. Bei dieser Geschichte war es wahrscheinlich auch so, dass ich irgendwo einen Jungen gesehen habe, zu dem ich mir eine Geschichte ausgedacht habe, die sich so entwickelte.“
Gab es Erlebnisse in Deinem Umfeld, die vielleicht Anstoß zu der Idee gaben? „Nicht durch bekannte Personen“, so Sabrina, „ eher bei der Beobachtung von fremden Personen. Da ist für mich der Reiz beim Schreiben größer. Das, worüber ich schreibe, hat immer Abstand von mir und meinem eigenen Leben. Ich schreibe nie eigentlich über etwas, das große Ähnlichkeiten mit mir hat, das finde ich zu langweilig.“
Sabrina, Du lebst selber im gutbürgerlichen Mittelstand. In „Block 77“ beschreibst Du sehr genau die Lebensumstände, in dem Felix lebt, aber auch nachvollziehbar seine Gefühle, Ängste, Sorgen und Verzweiflung.
Woher hast Du diese Kenntnisse? „Das mag jetzt vielleicht ein wenig doof klingen“, erklärte Sabrina, „aber ich habe die Geschichte ja in der Form eines Tagebuchs geschrieben. Da konnte ich mir aussuchen, ob ich gerade Lust zu einem Dialog habe oder einfach nur traurige Gedanken festzuhalten. Und je nachdem wie gerade meine eigene Laune war, habe ich entweder einen Dialog oder einen Gedankeneintrag geschrieben. Ansonsten habe ich mich einfach versucht, in die Gefühls- und Gedankenwelt des Jungen hineinzuversetzen und überlegt, was ich an seiner Stelle denken oder tun würde und mich bemüht, mit ihm zu fühlen.“
In meiner Besprechung hatte ich kritisch angemerkt , dass ich den Kampf, den Felix angeblich kämpft und der im Klappentext so hervorgehoben wird, nicht erkenne. Ich wollte nun natürlich von Sabrina wissen, wo ihrer Meinung nach der Kampf zu sehen ist?
„Deine Kritik kann ich ziemlich gut nachvollziehen“, antwortete die junge Autorin, „das ist das, was auch andere kritisieren, die ebenfalls diesen Kampf suchen. Wenn ich es jetzt, drei Jahre später, noch einmal schreiben würde, würde ich natürlich einiges anders schreiben oder zumindest den Klappentext ändern. Als ich Felix` Geschichte mit 15 Jahre festgehalten habe, hatte ich mir ein Ziel gesetzt, wie sie ausgehen sollte. Und daher geht die Handlung stetig perspektivlos bergab, aber damals wollte ich das auch so. Der Kampf, den Felix austrägt, setzt meiner Meinung da an, indem er sich schreibend in seinem Tagebuch über seine Gedanken auseinander setzt und nicht alles ignoriert.“
Als ich Sabrina frage, ob sie glaubt, dass durch Felix` Selbstmord das Buch für Jugendliche in ähnlichen Verhältnissen einen Anreiz bietet, etwas zu verändern, reagierte sie nachdenklich.
„Oh, eine schwierige Frage. Na ja, zuerst einmal habe ich gar nicht damit gerechnet, dass es überhaupt jemand liest. Ich hatte die Geschichte nur für mich geschrieben und es war gar nicht für ein anderes Auge bestimmt. Dann habe ich es irgendwann zu einem Buch gebastelt und es meiner Oma geschenkt, das war für mich persönlich (zunächst) der Höhepunkt. Wenn ich jetzt überlege, für wen das Buch in erster Linie bestimmt ist, würde ich sagen, dass es die es lesen sollten, denen es gut geht – wie mir beispielsweise. Nach dem Motto: Leb das, es geht auch schlechter.“
Auf meine Frage, warum Sie Felix nicht irgendeinen Hoffnungsschimmer am Horizont hat erkennen lassen, der ihm Mut für eine andere, bessere Zukunft gibt, antwortete Sabrina eindeutig:
„Ich hatte beim Schreiben mein Ziel vor Augen, dass Felix am Ende Selbstmord begeht. Daher geht es konsequent auch nur bergab und es gibt daher für ihn auch keinen Halt links oder rechts.“
Neugierig war ich zu erfahren, wie lange sie an dem Buch geschrieben hat. Die junge Autorin: „Ich habe mit 14 Jahren angefangen und mit 15 aufgehört. Ich denke, es werden insgesamt anderthalb Jahre gewesen sein. Es gab Tage, an denen ich viele Seiten geschrieben habe und dann auch wieder monatelang nichts oder immer wieder mal nur ein paar Zeilen.“
Auf meine Frage, ob es mehrere Versionen gab, antwortete Sabrina auf Anhieb: „Ich habe ganz viel ausgetauscht. Sehr viel sogar. Am Anfang habe ich Tagebucheinträge geschrieben, die gar nicht zusammenhängend waren. Dann hatte ich mal Lust auf einen Dialog, dann habe ich mal über die Oma geschrieben, dann wieder nur über Felix oder über seinen Freund. Letztendlich habe ich das alles ausgedruckt, teils auseinandergeschnitten, auf meinem Teppich ausgebreitet und zusammensortiert. Da, wo meiner Meinung was fehlte habe ich dann ergänzt. Es war das totale Chaos, aber…! :-)“
Du machst nächstes Jahr, 2014, Abitur. Gibt es schon berufliche Pläne?
Sabrina überlegte: „Journalismus würde mich schon sehr interessieren, aber ich finde auch zwei komplett andere Berufe faszinierend: Polizei und Kommunikationsdesign. Im Moment sammele ich zu allen Berufen Informationen und dann muss ich mal schauen.“
Als ich wissen wollte, ob sie noch vorhat, weitere Bücher zu schreiben und wenn ja, in welchem Genre, antwortete Sabrina lachend: „Ich habe noch ganz, ganz viele angebrochene Ideen in der Schublade und ich werde auf jeden Fall weiterschreiben. Zum Genre: Ich hatte auch schon meine Fantasyphase, in der ich jeden Tag einen Kapitel geschrieben und abends meiner kleinen Schwester vorgelesen habe. Zur Zeit schreibe ich über einen alten Mann, der aus seinem Leben erzählt, was er wiederum aufschreibt – das mache ich übrigens sehr gerne 😉 – mit Gedichten und kleinen Kurzgeschichten.“
Selber liest Sabrina übrigens momentan nicht so viel. „Einmal aus Zeitgründen und dann muss ich für die Schule Lektüren lesen. Aber ich liebe Hörbücher und hier zur Zeit sehr gerne die von Sebastian Fitzek. Aber ich verschenke sehr gerne Bücher und lasse mich da gerne vom Cover inspirieren.“
Überraschend war es zu erfahren, wie vielen Verlagen sie ihr Manuskript vorgestellt hat und wie sie auf den BVK-Verlag gekommen ist.
„Ich hatte es gar keinem Verlag vorgestellt“, so die überraschende Antwort von Sabrina. „Meine Mutter hat einer Freundin erzählt, dass ich gerne schreibe. Diese hat es wiederum einem Arbeitskollegen erzählt und der wiederum seiner Schwester, die Lektorin beim BVK ist. Die wollte etwas von mir lesen und ich habe „Block 77“ eingereicht. Es hat eine ganze lange Weile gedauert, bis ich überhaupt etwas gehört habe, aber das war dann die wunderbare Nachricht, dass die Geschichte veröffentlicht wird. Also, es ging alles über 1.000 Ecken und es war auch eine gute Portion Glück dabei.“
Natürlich gibt es auch für Sabrina die typischen drei letzten Bücher leben!-Fragen:
Wann schreibst Du? (morgens, mittags, abends, imme)
Sabrina Schellhoff:
Unterschiedlich, morgens, wenn ich frei habe, abends oder nachts.
Wie schreibst Du? (Laptop, per Hand, PC)
Sabrina Schellhoff:
Überwiegend mit dem Laptop, einige Notizen per Hand oder per Handy.
Wo schreibst Du? (Arbeitszimmer, Küchentisch, Baumhaus, überall
Sabrina Schellhoff:
Meistens in meinem Zimmer am Schreibtisch, wenige Sachen mit Stift und Block, egal wo.
Liebe Sabrina, ich danke Dir für das sympathische und nette Gespräch und wünsche Dir noch viele kreative Ideen für erfolgreiche Bücher und alles Gute für Deinen weiteren Lebensweg!
Sabine Hoß